Politik

Syrien: Von USA unterstützte Islamisten verjagen US-Soldaten

In Syrien haben Islamisten Angehörige eines US-Spezialkommandos verjagt. Sie gehören der „Freien Syrischen Armee“ an. Die Gruppe wird von den USA finanziert. Von einem Waffenstillstand ist Syrien weit entfernt: Russen und Amerikaner melden Gefechte praktisch in allen umkämpften Städten.
17.09.2016 02:16
Lesezeit: 2 min

In dem syrischen Dorf al-Rai nahe der türkischen Grenze ist es laut Telegraph zu einem Zwischenfall gekommen, der zeigt, dass die US-Spezialtruppen in Syrien zwischen die Fronten geraten könnten. Angehörige der sogenannten Freien Syrischen Armee (FSA) sind auf einem von einem BBC-Producer verbreiteten Video zu sehen, wie sie eine Gruppe von US-Spezialkräften beschimpfen – und vertreiben: Die Soldaten sollen das Dorf wenig später in Richtung Türkei verlassen haben. Die FSA ist eine Gruppe von islamistischen Söldnern.

Die FSA-Leute riefen den Soldaten zu, dass man keine „Ungläubigen“ in Syrien wolle und nannten die Amerikaner „Schweine“ und „Hunde“. Die US-Trupps haben sich der türkischen Armee angeschlossen – offiziell im Kampf gegen den IS, möglicherweise aber auch gegen die Kurden.

Das Middle East Eye berichtet, dass die FSA-Leute den Amerikanern gedroht hätten, sie umzubringen.

Einem Pentagon-Sprecher zufolge entsandten die USA zudem "mehrere Dutzend" US-Spezialkräfte nach Syrien, um die türkische Armee und gemäßigte Rebellengruppen im Grenzgebiet im Kampf gegen den IS zu unterstützen. Die US-Armee hat im Norden Syriens bereits mehrere Dutzend Spezialkräfte im Einsatz, um den kurdischen Milizen im Kampf gegen die Dschihadisten zu helfen. Die Zeitung Sabah berichtet, dass die Verlegung der Amerikaner auf Ersuchen der Türkei erfolgt sei.

Die dpa analysiert:

"Der Einsatz der Spezialkräfte ist für die USA heikel, weil die Türkei mit ihrer Offensive auch versucht, weitere Geländegewinne der syrischen Kurden zu verhindern. Die wiederum sind wichtige Verbündete der USA im Kampf gegen den IS.

Der Pentagon-Sprecher wollte keine genaue Angabe zur Zahl der Soldaten machen. Er erklärte lediglich, dass diese Teil der bereits dort operierenden Kräfte sind. In Syrien sind rund 300 von ihnen im Einsatz. Über ihre Aktivitäten hält sich das Pentagon sehr bedeckt. Offiziell umschrieben wird ihre Aufgabe als ,Ausbilden, Beraten, Unterstützen'."

Charles Lister berichtet, dass es sich bei dem Zwischenfall um einen Einzelfall gehandelt haben soll. Listers Informationen zufolge sind die US-Sonderkommandos nach al-Rai zurückgekehrt sein – angeblich in Begleitung der FSA. Der Trupp, der die Amerikaner beschimpft hatte, soll aus dem Dienst der FSA entlassen worden sein.

Ob das stimmt, ist nicht zu beurteilen. Die FSA ist eine Miliz ohne klare militärische Befehlsstruktur. Der Zwischenfall zeigt auch, dass die Söldner und Milizen untereinander gespalten sind. Ein anderes Video zeigt eine weitere FSA-Gruppe, sie sich gegen die USA positioniert:

Von einem „Waffenstillstand“ kann jedenfalls keine Rede sein: Das russische Verteidigungsministerium spricht laut TASS von zahlreichen Kampfhandlungen und beklagt, dass die den Russen von den Amerikanern übergebene Liste der Milizen und Söldnerverbände keine Unterscheidung zwischen radikalen Islamisten und „moderaten Rebellen“ mache. Die Russen beobachten außerdem, dass zahlreiche Söldner-Gruppen die Feuerpause nützen, um sich neu zu gruppieren. Die Syrische Armee, die sich vorübergehend von der strategisch wichtigen Verbindungsstraße Castello zurückgezogen haben, sei wieder mit Artillerie vorgerückt – weil die Söldner versucht hätten, die Straße wieder unter Kontrolle zu bringen, sagte der russische Syrien-Koordinator Vladimir Savchenko laut TASS.

Ein von der Hisbollah veröffentlichtes Video zeigt die Straße während der kurzen Feuerpause:

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Auch Charles Lister berichtet von Kämpfen in allen wichtigen Städten:

Eine für Freitag geplante Sitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zum Syrien-Konflikt ist laut dpa nach Angaben von Diplomaten ohne Begründung abgesagt worden. Die USA und Russland hatten die Sicherheitsratsmitglieder in der nicht-öffentlichen Sitzung über ihre Pläne zur gemeinsamen Bekämpfung von Extremisten im Falle eines Bestands der am Montagabend ausgerufenen Waffenruhe unterrichten wollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...