Politik

EU-Kommission will Zugriff auf nationale Statistik-Behörden

Lesezeit: 1 min
17.04.2012 22:23
Die EU-Kommission will in Zukunft sicherstellen, dass die nationalen Regierungen keinen Einfluss mehr auf die Statistikbehörde ihres Landes ausüben können. Weil bezweifelt werden muss, dass die EU dies auch wirklich kontrollieren kann, wird der Vorstoß als weitere Beruhigungspille für die nervösen Märkte gewertet.
EU-Kommission will Zugriff auf nationale Statistik-Behörden

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Europäische Kommission will verhindern, dass in Zukunft nationale Regierungen in die Arbeit der nationalen Statistikbehörden eingreifen und deren Unabhängigkeit verletzen können. Am Dienstag machte die Europäische Kommission einen entsprechenden Vorschlag, der in einem solchen Fall die Verhängung von Sanktionen in Form von Geldstrafen oder dem Einfrieren von Hilfskrediten vorsieht. Seit 2004 drängt das Statistikamt Eurostat bereits auf einen solchen Vorschlag.

Griechenlands Regierung und die griechische Statistikbehörde stehen seit langem unter Verdacht, das Defizit manipuliert und somit unter anderem die heutige Schuldenkrise ausgelöst zu haben. Und so hat das Land bereits den Kommissionsvorschlag unterzeichnet und versprochen, in vollem Umfang die Unabhängigkeit des griechischen Instituts für Statistik ELSTAT zu respektieren.

Aber auch der spanischen Regierung wurde jüngst vorgeworfen, absichtlich die Staatsverschuldung für das vergangene Jahr in den Statistiken angehoben zu haben, um die Defizitzahlen in diesem Jahr besser aussehen zu lassen. Nachdem für das Jahr 2009 ein verborgenes Defizit in Bulgarien zum Vorschein gekommen ist, regen sich bei der EU-Kommission auch Bedenken über die Statistiken des Landes aus dem Jahr 2010.

Der Vorschlag der EU-Kommission muss noch vom Europäischen Parlament und den Regierungen der EU-Länder verabschiedet werden, aber angesichts des immensen Drucks von Seiten der Investoren dürfte dieser Vorschlag wohl umgesetzt werden. „Unsere Statistiken sind gut, aber wir wollen noch weiter gehen“, erklärte Algirdas Šemeta, der als EU-Kommissar für Statistiken zuständig ist. „Die Wirtschaftskrise hat uns gezeigt, wie wichtig glaubwürdige Statistiken sind“.

Es gibt allerdings auch kritische Stimmen: So halten sich hartnäckig Spekulationen, dass im Falle Griechenlands die EU an der Manipulation mitgewirkt haben soll. Vor allem sagen Kritiker des neuen Zentralisierungsvorstosses: Warum hat die EU Griechenland seinerzeit nicht effizienter geprüft? Denn die Androhung von Sanktionen kann nur dann eine abeschreckende Wirkung entfalten, wenn die EU präzise Methoden zur Kontrolle entwickelt. Genau diese Instrumente fehlen jedoch und lassen den aktuellen Vorstoß als Alibi-Handlung erscheinen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...