Politik

Wegen Hollande: Merkel verschiebt Ratifizierung des Fiskalpakts

Die Bundesregierung will dem Bundestag des europäischen Fiskalpakt erst vorlegen, wenn das Papier mit Francois Hollande nachverhandelt ist. Sollte der Sozialist der nächste französische Präsident werden, müssen schnell Nachverhandlungen geschehen, sagte der Vizechef der Unionsfraktion, Andreas Schockenhoff.
23.04.2012 22:43
Lesezeit: 1 min

Aktuelle Entwicklung:

CDU streitet über Fiskalpakt: Altmaier will Ratifizerierung so schnell als möglich

Angela Merkel rechnet offenkundig mit der Notwendigkeit, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. Und die Union rechnet damit, dass ihr Nicolas Sarkozy abhandenkommt. Andreas Schockenhoff, Vizechef der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, sagte am Montag bei einer Veranstaltung des Instituts für Europäische Politik in Berlin, dass Hollande „so viele Stimmen geholt in einem ersten Wahlgang wie schon lange kein sozialistischer Präsidentschaftsbewerber“. Zwar sei Sarkozy ein guter Wahlkämpfer, aber nun sagen „die Umfragen, die nach dem gestrigen Wahlgang durchgeführt wurden, einen stabilen Vorsprung für Hollande voraus“.

Die Union weiß jedoch auch, dass sie mit Hollande über den Fiskalpakt wird neu verhandeln müssen. Bevor diese Verhandlungen nicht abgeschlossen sind, will die Bundesregierung keine Ratifizierung des Fiskalpakts vornehmen. Schockenhoff: „Hollande hat ankündigt, dass er den Fiskalvertrag in dieser Form der Assemblée nationale nicht zur Ratifizierung vorlegen wird. Dann kann keine andere Regierung in Europa dem eigenen Parlament das vorlegen. Wenn es Nachverhandlungen gibt, dann müssen die möglichst schnell geschehen.“

Allerdings glaubt Schockenhoff nicht, dass der Vertrag grundsätzlich verändert werden kann. Der Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe hält allenfalls eine „rhetorische“ Veränderung für möglich: „In der Substanz kann man nichts ändern, aber an der Rhetorik. Man kann einen schönen Absatz über Wachstum reinschreiben. Man kann auch das, was in dem Fiskalpakt drinsteht, nochmal mit anderen Worten wiederholen und erklären, dass wir für Wachstum sorgen müssen. So kann man dann zu Hause sagen: Ich habe dafür gesorgt, dass es im Fiskalpakt auch um Wachstum geht. Diese rhetorischen Dinge kann man machen.“

Ob Angela Merkel mit dieser taktischen Haltung bei den Verhandlungen durchkommt, ist ungewiss. Vor allem aber ist zu erwarten, dass Hollande in einer anderen Frage noch viel unnachgiebiger sein wird: der der Rolle der EZB. Denn der Franzose hatte bereits mehrfach angekündigt, dass er die EZB in der Pflicht sieht, wenn es um Wachstum geht. In dieser fundamentalen Frage wird die Rhetorik nicht reichen. Die Fakten sprechen allerdings gegen die deutsche Position: Denn in der EZB hat die Italiener-Fraktion, die jetzt schon eher einen weichen Kurs in der Geldpolitik fahren möchte, ebenso die Mehrheit wie im künftigen Rettungsschirm ESM. Wichtige Entscheidungen können dann mit Mehrheitsbeschluss (Italien + Frankreich + Spanien) auch gegen Deutschland herbeigeführt werden.

Mehr zum Thema:

Verfassungsrechtler findet Gaucks ESM-Aussagen „problematisch“

Irland: Abgeordneter klagt gegen ESM und Fiskalpakt

Niederlande in der Krise: Höheres Defizit als Portugal

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...