Die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen stellt die CDU vor eine unerwartete Zerreißprobe. Gestern hatte Fraktionsvize Andreas Schockenhoff gesagt, es sei nicht sinnvoll, das Parlament mit einem Entwurf zu behelligen, wenn danach wieder Änderungen vorgenommen werden müssen: „Hollande hat ankündigt, dass er den Fiskalvertrag in dieser Form der Assemblée nationale nicht zur Ratifizierung vorlegen wird. Dann kann keine andere Regierung in Europa dem eigenen Parlament das vorlegen. Wenn es Nachverhandlungen gibt, dann müssen die möglichst schnell geschehen.“ (mehr hier)
Nun trat der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Peter Altmaier, am Dienstag in Berlin dieser Auffassung entgegen und sagte: „Ich bin dafür, dass der Fiskalpakt unabhängig vom Ausgang der französischen Präsidentschaftswahlen ratifiziert wird und in Kraft tritt.“ Altmaier sagte, dass dies notwendig wäre, um die notwendige Glaubwürdigkeit der EU zu dokumentieren, um die Schuldenkrise zu überwinden. Altmaier: „Deshalb tun wir gut daran, die Ratifizierungsverfahren zügig zu Ende zu bringen.“
Die Tatsache, dass Altmaier Schockenhoff nun zurückpfeift, wird von politischen Beobachtern in Berlin als Zeichen der Nervosität von Bundeskanzlerin Angela Merkel interpretiert. Die Kanzlerin hatte den – ohnehin schon sehr aufgeweichten – Fiskalpakt als deutsches Vermächtnis in die durch den ESM entstehende Transferunion eingebracht. Sollte der Fiskalpakt nun auch nur leicht geändert werden, könnte dies als Niederlage Merkels und als eine Abkehr Frankreichs vom Sparkurs interpretiert werden.