Finanzen

Druck auf Monti wächst: Nach Spanien-Bailout erste kritische Blicke auf Italien

Nachdem die spanischen Banken internationale Gelder erhalten werden, rückt Italien wieder in den Fokus der Investoren. Eine Ansteckung Italiens könnte die Euro-Zone nicht verkraften. Genau deshalb sind die Investoren nervös. Die aktuellen Wirtschaftsdaten nähren die Bedenken.
11.06.2012 12:42
Lesezeit: 2 min

Dank der Zusage internationaler Unterstützung für die spanischen Banken, haben sich die Märkte am Montag leicht erholt. Aber das spezielle Bailout könnte gerade Mario Monti gefährlich werden. Zwar muss nicht ganz Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen, aber immerhin zeigt sich nun, dass Spaniens Regierung nicht mehr in der Lage war, das Bankensystem selbst zu unterstützen. Die Tatsache, dass Spanien sich dies eingestehen musste, erhöht nun auch den Druck auf den italienischen Premier Mario Monti. Denn der Spanien Bailout wird nachhaltige Folgen für den Bond Markt haben (mehr dazu hier). Ebenso wirkt sich jede neue Schuldenmacherei Kreditaufnahme auf das Haushaltsdefizit der jeweiligen Staaten aus (wie sich in Spanien zeigt - hier).

„Das Problem für Italien ist, dass, wohin Spanien auch geht, es immer die Wahrnehmung geben wird, dass Italien dem Land folgen konnte", erklärt Nicholas Spiro, Geschäftsführer bei Spiro Sovereign Strategy in London Bloomberg. „Es gibt keine ausreichende Differenzierung innerhalb der Finanzmärkte“, ergänzt er. „ Es ist und war so klar wie das Licht des Tages, dass Spaniens Fundamentaldaten viel schlechter sind als  die Italiens.“ Das habe aber bisher nichts daran geändert, dass Italien unter der Ansteckung Spaniens leidet. Das Rettungspaket für Spaniens Banken bedeutet nicht, „dass Italien unter Beschuss sein wird, aber es bedeutet, dass die Anleger ihre Aufmerksamkeit auf jede noch so kleine Information richten werden, bevor sie sich zum Kauf oder Verkauf italienischer Staatsanleihen entscheiden“, sagt Nicola Marinelli von Glendevon King Asset Management in London. Zuletzt lag die Rendite für zehnjährige Anleihe wieder über 6 Prozent.

Italiens Situation unterscheidet sich tatsächlich stark von der Spaniens. Noch in diesem Jahr könnte es Italien schaffen, sein Haushaltsdefizit unter die 3-Prozent-Grenze zu bringen und sogar die Schulden auf 120 Prozent des BIP zu senken. Die Arbeitslosigkeit ist geringer als die Spaniens und es gab keine so ausufernde Immobilienblase wie in Spanien, unter der die spanischen Banken noch heute hauptsächlich leiden. Noch hat sich der Fokus der Finanzmärkte nicht auf die italienischen Banken gerichtet, die seit einiger Zeit mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen habe. Etliche Banken konnten sich, wie zum Beispiel die Unicredit, neue Kredite bei der EZB nur holen, indem sie eigene Anleihen druckten und diese als Sicherheiten verwendeten.

Nicht nur bei den Banken gibt es beunruhigende Aspekte in Italien. Die Gesamtverschuldung Italiens ist mehr als doppelt so hoch wie die Spaniens, die drittgrößte Volkswirtschaft leidet mittlerweile auch unter einer Rezession. Das BIP wird in diesem Jahr voraussichtlich um 1,4 Prozent sinken. Zudem wird Mario Monti in den kommenden Monaten deutlich mehr Probleme bei der Umsetzung wichtiger Strukturreformen haben. Die letzten Regionalwahlen zeigten einen Linksrutsch in der Bevölkerung, die Zustimmung zu den Parteien, die Montis Regierung stützen, sank rapide. Angesichts der Wahlen im kommenden Jahr, werden diese Parteien versuchen, sich wieder stärker von Mario Monti abzugrenzen.

In den letzten Monaten hat sich auch gezeigt, dass sich weniger ausländische Investoren für italienische Anleihen interessieren. Dies macht das Finanzministerium stärker abhängig von den heimischen Banken, die wiederum zu den größten Kreditnehmern bei den 3-Jahres-Tendern der EZB zählen. „Wenn Italien ein Problem mit dem Zugriff auf die Märkte hat, weil die Investoren das Vertrauen in die italienische Fähigkeit, das Richtige zu tun, verlieren“, so Thomas Mayer, Wirtschaftsberater bei der Deutschen Bank, „müsse die EZB ins Feuer gezogen werden". „Und das könnte für die Europäische Währungsunion eine potenziell tödliche Bedrohung darstellen.“ Angesichts der immensen Schulden Italien hat derzeit nur die EZB die Schlagkraft, das Land zu unterstützen, indem sie beispielsweise wieder Anleihen kauft und langfristige Kredite ausgibt.

"Herr Monti scheint unendlich stärker darüber besorgt zu sein, was im Ausland los ist, als darüber, was im Parlament geschieht“, sagt Nicholas Spiro. „Das ist verständlich, denn Italien war für eine lange Zeit nicht der Meister seines eigenen Schicksals“, ergänzt Nicholas Spiro. „Ihm ist vollkommen bewusst, dass zur Reparatur Italiens die Euro-Zone repariert werden muss."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...