Finanzen

Nervosität in Paris: Frankreich will Banken-Rettung durch EU erzwingen

Der neue französische Präsident Francois Hollande erhöht den Druck auf Deutschland: Gemeinsam mit Italien und Spanien will er durchsetzen, dass die EZB die führende Rolle bei der Bankenrettung übernimmt und der ESM noch vor seinem Start als Banken-Retter installiert wird. Offenbar fürchtet er, dass die französischen Banken der nächste Domino-Stein in der Krise sein könnten.
14.06.2012 00:44
Lesezeit: 1 min

Der neue französische Präsident Francois Hollande versucht fieberhaft, die europäischen Einrichtungen EZB und ESM als Retter für die in Not geratenen Banken zu etablieren. Einem Bericht der FT zufolge ist Hollande hinter den Kulissen hyperaktiv, um gemeinsam mit den ohnehin schon angezählten Spaniern und den immer mehr unter Druck geratenen Italienern die EZB als oberstes Organ der europäischen Bankenrettung zu etablieren. Sie solle Stresstests durchführen. Wenn es Probleme gibt, solle die EZB als Koordinator den ESM plündern anzapfen, um den angeschlagenen Banken zur Seite zu springen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sitzt bereits an entsprechenden Konzepten. Hollande und Van Rompuy wollen ihre Pläne schon beim nächsten EU-Gipfel Ende Juni durchsetzen.

Der Hintergrund dürfte sein, dass Hollande panische Angst vor einer Ansteckung hat. Er musste mitverfolgen, wie der noch vor einigen Monaten als Retter in den Himmel gelobte Italiener Mario Monti immer mehr an Statur verliert. Das ist kein Wunder, denn wie jedem Beobachter von Anfang an klar war, lieferte Monti schöne Worte und keine einzige Reform. Seine Beliebtheit in Italien sank von 73 Prozent zum Amtsantritt auf jetzt nur noch 34 Prozent.

Ein ähnliches Schicksal möchte der eben erst mit ziemlich unbegrenzter macht ausgestattete Hollande nicht erleiden. Tatsächlich aber dürfe Hollande erkannt haben: Die nächsten Banken, die gerettet werden müssen, sind die französischen. Die Crédit Agricole plant bereits für den Notfall und überlegt, ihre griechische Tochter Emporiki zu schließen oder zu verkaufen (mehr hier). Die französischen Banken haben Beobachtern zufolge nicht viel weniger faule Assets in ihren Büchern als Spanien oder Italien. Hollandes Sorge ist es, dass Frankreich ohne einen ESM-Rettungs-Automatismus bei der Frage der Banken-Rettung als Bittsteller bei den Deutschen auftreten müsste. Das möchte Hollande auf jeden Fall vermeiden und legt daher sein ganzes Augenmerk auf einen kalten Finanz-Putsch: Wenn es gelingt, den ESM noch vor seiner Einrichtung (ist schon eine Chupze an sich!) zum mehrheitsgetriebenen Banken-Retter für Europa umzufunktionieren, dann könnten die europäischen Schuldenstaaten ohne weitere demokratische Umwege Zugriff auf die deutschen Spareinlagen als Sicherheiten für ihre Banken erlangen. Die aktuelle Panik bei den Europäern könnte das Vorhaben begünstigen. Die dramatisch schnelle Veränderung am Bond Markt könnte Hollande jedoch den entscheidenden Strich durch die Rechnung machen. Denn sollte die Bundesregierung erkennen, dass auch die Finanzierung der Staatsausgaben für Deutschland gefährdet ist, wird sie den Stecker ziehen (wenn sie ihn dann noch findet).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...