Politik

Ökonomen: Frankreich verliert seine Wettbewerbsfähigkeit

Französische Unternehmen und Ökonomen warnen Francois Hollande vor der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs und fordern eine massive Senkung der Lohnkosten. Stattdessen sollten bestimmte Steuern erhöht werden, um die Rentabilität der Unternehmen sicherzustellen.
10.07.2012 00:30
Lesezeit: 2 min

Francois Hollande hob den Mindestlohn für bestimmte Arbeitnehmer an und will die Steuern für Unternehmen und Reiche anheben. Doch mit genau diesen Maßnahmen sind die Top-Ökonomen Frankreichs und die Unternehmen des Landes alles andere als einverstanden. Das Problem sei die fehlende Wettbewerbsfähigkeit der französischen Unternehmen, es bedürfe einer „Schock-Therapie“, so die Ökonomen.

Bei einer von dem französischen Präsidenten einberufenen Konferenz, in der Minister, Beamte, Gewerkschaften, Ökonomen und Unternehmer über wirtschaftliche und soziale Fragen diskutieren sollten, kam es zu heftiger Kritik an Francois Hollande. Der „Economist’s Circle“, eine überparteiliche Gruppe, deren Mitglieder beispielsweise auch in Institutionen wie der EZB arbeiten, forderte eine „massive Umverteilung“ von Frankreichs hohen Sozialabgaben, die die Arbeitgeber leisten müssten, hin zu einer Erhöhung der direkten Steuern.

„Es gibt ein massives Vertrauensproblem in den Köpfen unserer Unternehmer“, sagte Louis Gallois, der frühere Leiter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. „Ich glaube, wir brauchen einen Wettbewerbsfähigkeits-Schock“, fügte er hinzu. Ähnlich sieht es Laurence Parisot, der Leiter des MEDEF Arbeitgeberverband. Wir „müssen uns der alarmierenden und kontinuierlich in den vergangenen 12 Jahren fortschreitenden Erosion der Wettbewerbsfähigkeit in Frankreich stellen“, sagte er in einem Interview mit dem Journal du Dimanche.

Sowohl die Ökonomen als auch die Unternehmer sind zutiefst besorgt über den Verlust des französischen Anteils am internationalen Markt. Schuld an der Wettbewerbsfähigkeit seien vor allem die hohen Lohnkosten. Die durchschnittlichen Lohnkosten je Stunde lägen in Frankreich bei 34 Euro, in Deutschland bei 30 Euro und in Spanien und Großbritannien bei 20 Euro, so der Chef der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF.

„Die unmittelbare Schwierigkeit ist vor allem die schwache Rentabilität der großen Mehrheit der Unternehmen, die ihre Fähigkeit zur Innovation hemmt: zu exportieren, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen", gab der „Economist’s Circle“ zu bedenken. Man müsse die „Profitabilität durch einen massiven Transfer von Sozialabgaben auf direkte Steuern verbessern."

Bisher hat die französische Regierung diesen Aufforderungen widerstanden und betont, dass die Bekämpfung der französischen Schulden Vorrang habe. Darüber hinaus geht die Regierung davon aus, dass die Förderung von Investitionen, Innovation und Forschung sowie die Unterstützung kleiner Unternehmen der wichtigste Weg hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit sei. Einen Schritt bei der Verlagerung von sozialen Abgaben auf die Mehrwertsteuer, den die vorherige Regierung eingelenkt hatte, hat die Regierung unter Francois Hollande sogar wieder rückgängig gemacht.

Der Druck der Unternehmer und Ökonomen scheint jedoch langsam Wirkung zu zeigen. Der französische Finanzminister, Pierre Moscovici, sagte am Wochenende bei der Konferenz, dass die Bekämpfung der Lohnkosten durch die Verringerung der sozialen Kosten „kein Tabu“ sei. Wenn in den Gesprächen mit den Sozialversicherungen und Krankenkassen ein Konsens erreicht werden kann, könnten einige Maßnahmen ergriffen werden, fügte er hinzu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

 

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...