Deutschland

Deutschland: ESM gerät immer stärker ins Visier

Kurz vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Eilanträge bezüglich EMS und Fiskalpakt wächst der Unmut in Deutschland. Peter Gauweiler reicht einen Eilantrag ein - noch heute will das Gericht darüber beraten - und ein neues Gutachten warnt vor Verletzungen des Budgetrechts. Deutschlands Regierung gerät immer mehr zwischen die Fronten.
10.09.2012 11:37
Lesezeit: 2 min

Aktuell:Bundesverfassungsgericht lehnt Gauweilers Eilantrag ab

Am Mittwoch ist es soweit, das Bundesverfassungsgericht wird über die Eilanträge hinsichtlich des ESM und des Fiskalpaktes entscheiden. Wird diesen stattgegeben, kann Joachim Gauck die beiden Gesetze zunächst nicht unterschreiben und die Ratifizierung ist erst einmal gestoppt. Die europäischen Mitgliedsländer schauen mit Spannung auf die Entscheidung. Unterdessen wird die Kritik am ESM in Deutschland immer lauter und der Regierung droht erneut, vom Bundesverfassungsgericht wieder keine uneingeschränkte Zustimmung zu erhalten.

Wie die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet, warnt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, das von der Linkspartei in Auftrag gegeben wurde, davor, dass der ESM das Budgetrecht des Parlaments verletzen könnte. Das Problem sei die „womöglich unmittelbare und potenziell unbestimmte Haftung“ für die Schulden anderer Staaten, die das Budgetrecht verletzen würde. So sei es nicht gerechtfertigt, „Legitimation von Staatsgewalt und deren Ausübung durch Fesselung des Haushaltsgesetzgebers infolge von Verbindlichkeiten aus internationalen Übereinkünften praktisch zu entleeren“, heißt es in dem Gutachten.

Darüber hinaus hat der CSU-Politiker Peter Gauweiler am Wochenende einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Darin fordert er, das Urteil zum ESM zu verschieben. Peter Gauweiler will, dass der EZB-Entschluss, unbegrenzt Staatsanleihen am Sekundärmarkt zu kaufen, rückgängig gemacht wird (er forderte auch eine Klage der deutschen Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof – hier). Mit dem Entschluss der EZB habe sich die Beurteilung der Rettungsmaßnahmen grundlegend geändert, so Gauweiler. Notfalls solle das Gericht die für kommenden Mittwoch geplante Urteilsverkündung verschieben.

Ob Peter Gauweilers Eilantrag tatsächlich eine Verschiebung der Urteilsverkündung erreichen kann, ist nicht klar. Wie ein Sprecher des Gerichts Reuters mitteilte, werde das Bundesverfassungsgerihct am Montagnachmittag über den Eilantrag entscheiden. Am Dienstag werde der 2. Senat voraussichtlich eine Entscheidung dazu bekanntgeben. Abgesehen von dem neuen Eilantrag dürfte das Bundesverfassungsgericht bereits jetzt ein Urteil gefällt haben. Winfried Hassemer, der von 2002 bis 2008 Vizepräsident des Gerichts war, bemerkte am Sonntag bei Günther Jauch, dass zu seiner Amtszeit das Urteil schon fertig gewesen wäre, da die schriftliche Ausführung des Urteils auch Zeit in Anspruch nehme. Die führenden Verfassungsrechtler in Deutschland gehen bereits davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht den Eilanträgen nicht stattgeben werde (hier).

Nach vor einem halben Jahr war besonders in den deutschen Medien so gut wie gar nichts vom ESM und den möglichen Konsequenzen zu lesen. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch in der deutschen Politik, wo nur einige wenige auf die Gefahren hinwiesen. Nun kurz vor der Urteilsverkündung scheint das mediale Interesse zu wachsen - wenngleich nur ein Teil der Problematik häufig abgedeckt wird. Vielleicht zu spät für eine breite öffentliche Diskussion.

Weitere Themen

George Soros spekuliert auf Euro-Austritt von Deutschland

Griechenland: Koalition streitet über Sparmaßnahmen

Angst vor China-Crash: Staatliche Intervention greift nicht

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...