Politik

Alexis Tsipras verurteilt Merkels Politik in öffentlichem Brief

Lesezeit: 2 min
09.10.2012 14:17
Die Chef der Syriza-Partei will sich mit Angela Merkel in Griechenland nicht treffen und zog es stattdessen vor, sich in einem offenen Brief an sie zu wenden. Darin kritisiert er die Sparpolitik Angela Merkels. Sie vernichte das griechische Volk. Diese Politik der Angst und Erpressung müsse aufhören.
Alexis Tsipras verurteilt Merkels Politik in öffentlichem Brief

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aktuell: Liveblog zu Merkels Besuch in Athen

Kurz nachdem Angela Merkel ihren Besuch in Athen angekündigt hat, machte die linksradikale Syriza-Partei deutlich, dass sie sich nicht mit der deutschen Bundeskanzlerin treffen werde (hier). Alexis Tsipras, der zuletzt an der Aktion Umfairteilung in Hamburg teilgenommen hatte (hier), zog es nun vor, lieber einen offenen Brief an Angela Merkel im britischen Guardian zu veröffentlichen. Darin kritisiert er vor allem die Sparpolitik, die Angela Merkel vertritt, heftig. „Diese politischen Maßnahmen vernichten das griechische Volk, vor allem die Arbeitnehmer, Rentner, die kleinen

Geschäftsleute und Frauen, und natürlich die jungen Leute“, schreibt Alexis Tsipras. So sei etwa die griechische Wirtschaft um mehr als 22 Prozent zurückgegangen, die Arbeitnehmer und Rentner hätten 32 Prozent ihres Einkommens verloren und die Jugendarbeitslosigkeit läge bei „beispiellosen“ 55 Prozent. Die Sparpolitik „hat zu Kürzungen bei den Leistungen, zur Deregulierung des Arbeitsmarktes und einer weiteren Verschlechterung des begrenzten Wohlfahrtsstaates“ geführt.

„Warum bestehen Sie so dogmatisch auf diesem katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Weg?“, fragt er Angela Merkel in seinem Brief. „Wir glauben, dass es nicht Ihr Ziel ist, die Schuldenkrise zu lösen“. Vielmehr ginge es darum, einen neuen „Rechtsrahmen in ganz Europa, der auf billigen Arbeitskräfte, der Deregulierung des Arbeitsmarktes, geringen öffentlichen Ausgaben und Steuererleichterungen für Kapital basiert, zu kreieren.“ Um dabei erfolgreich zu sein, setzte

man auf die Strategie der „politischen und finanziellen Erpressung“. Dies solle die Europäer dazu zwingen, Sparpakete ohne Widerstand zu akzeptieren. „Die Politik der Angst und Erpressung, die in Griechenland verwendet wird, ist das beste Beispiel für diese Strategie“, fährt Tsipras fort.

Darüber hinaus verdeutlicht der Syriza-Chef, dass die Finanzhilfen für Griechenland nicht etwa genutzt werden, um Löhne und Renten zu finanzieren, sondern auf einem Sperrkonto landen, um uralte Kredite zu bedienen und die fast bankrotten Banken erneut mit Kapital auszustatten. Wenn es eine wirkliche Gefahr gebe, „dass die europäischen Steuerzahler ihr Geld verlieren, dann durch Sparmaßnahmen“, denn diese lähmen die Wirtschaft. „Das muss jetzt aufhören. Europa braucht einen neuen Plan zur Vertiefung der europäischen Integration.“ Hier müsse man sich an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslosen orientieren und eben „nicht an den Interessen der multinationalen Unternehmen und bankrotten Banken, so Tsipras.

Dies könne aber nur gelingen, „wenn radikale Volkskämpfe das Gleichgewicht der Kräfte verändern.“ Diese Kämpfe „haben bereits begonnen und haben zum Aufstieg der Linken und der Widerstands-Bewegungen in ganz Europa geführt.“ Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Solidarität seien die wichtigsten Werte in der europäischen politischen Tradition. Und diese müssten immer Vorrang haben, „sonst finden wir uns bald in einer dunklen Vergangenheit wieder, von der wir dachten, sie liege schön längst hinter uns.“

Weitere Themen

Großbritannien will nicht sparen

Druck auf Griechenland: Umsetzung von 89 Sparmaßnahmen in nur zehn Tagen

Zypern: Ratingagentur stuft Anleihen als hochspekulativ ein


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Ukraine unter Druck, Nato-Chef Rutte fordert mehr Hilfe
13.11.2024

Nato-Generalsekretär Mark Rutte zufolge müssen die westlichen Partner jetzt fest „zusammenstehen.“ Er fordert mehr Unterstützung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konjunktur-Jahresbericht: Wirtschaftsweise senken Wachstumsprognose - und warnen vor Trump-Politik
13.11.2024

Angesichts der politischen Unsicherheiten und der anhaltenden Konjunkturflaute haben die Wirtschaftsweisen ihr Jahresgutachten vorgestellt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ford: Stellenabbau droht - Kurzarbeit für 2.000 Beschäftigte in Köln
13.11.2024

Über Jahrzehnte hinweg konnte Ford auf dem europäischen Automarkt punkten, etwa mit dem beliebten Kleinwagen Fiesta. Inzwischen setzt das...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Berlin erreicht Talsohle - was jetzt für Immobilienbesitzer wichtig wird
13.11.2024

Im Jahr 2023 gab es eine seltene Korrektur auf dem Berliner Immobilienmarkt nach rasant steigenden Preisen. Aktuell stabilisieren sich die...

DWN
Politik
Politik Neues Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland – Russland geht den entgegengesetzten Weg
13.11.2024

Deutschland und Russland verfolgen völlig unterschiedliche Ansätze in der Geschlechter- und Familienpolitik: Während Deutschland mit dem...

DWN
Politik
Politik „Unvermeidlich“: Scholz verteidigt Ampel-Aus, nennt noch mögliche Gesetz-Beschlüsse
13.11.2024

Eine Woche nach dem Aus der Ampel-Koalition hat Bundeskanzler Scholz im Bundestag eine Regierungserklärung zur „aktuellen Lage“...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft CO2-Emissionen: Bedarf an fossilen Brennstoffen bleibt hoch
13.11.2024

Die globalen CO2-Emissionen steigen weiter an – trotz einiger Fortschritte in Ländern wie Deutschland und den USA. 2024 könnte ein...

DWN
Politik
Politik Zölle und Steuern: Trumps Versprechungen könnten sich rächen
13.11.2024

Donald Trumps vollmundiges Versprechen, den „Inflations-Alptraum“ in den USA zu beenden kann zum großen Problem für den 78-Jährigen...