Finanzen

Zu wenig Jugend: Anleger wollen nicht mehr in Europa investieren

Auf der Suche nach sicherem Terrain verlassen Anleger die europäischen Finanzmärkte. Nicht nur die Schuldenkrise, sondern auch der demografische Wandel stellt die Sanierung der Staatskassen vor große Herausforderungen. Unternehmensaktien in Schwellenländern stellen den Anlagemarkt der Zukunft dar.
30.10.2012 00:10
Lesezeit: 2 min

Aktuell: Angst vor Hurrikan Sandy: New York gleicht einer Geisterstadt

Die Schuldenkrise und der demografische Wandel halten Staaten wie Anleger gleichermaßen in Atem. Die demografische Entwicklung ist unabwendbar wie ein Naturgesetz. Steigende Lebenserwartung, eine sinkende Geburtenrate und die alternde Babyboomer-Generation sind die Ursachen des demografischen Wandels. In dieser Konsequenz steigen Pflege-, Kranken-, und Rentenkosten. Die Durchsetzung der nötigen Reformen stellt die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen  Staat und Bürgern auf die Probe. Gewalttätige Ausschreitungen in Spanien und Griechenland sowie Machtwechsel in vielen europäischen Staaten infolge der Schuldenkrise sind Anzeichen dafür, dass die Karten zur Bewältigung Staatsfinanzen und der Regulierung der internationalen Finanzmärkte ganz neu gemischt werden.

Vor diesem Hintergrund verlassen derzeit Anleger die europäischen Finanzmärkte auf der Suche nach sicheren Anlagemöglichkeiten. Einem Bericht der Schweizer Bank UBS zufolge werden in Portugal bis ins Jahr 2050 über 40 Prozent 60 Jahre oder älter sein.  In Deutschland, Spanien und Italien liegt die Quote bei 38 Prozent. Diese Gesellschaften zählen zu den ältesten Bevölkerungen weltweit. Die europäische Schuldenkrise drängt die langfristigen Probleme des demografischen Wandels derzeit in den Hintergrund. Die Peripherieländer Europas müssen sparen, der Sozialvertrag in Griechenland und Spanien ist in Gefahr. Die Befürchtungen steigen, die harte europäische Spardoktrin schade der Konjunktur und schütze damit nicht vor Staatsverschuldung. Die Zentrum-Peripherie-Problematik äußert sich auch im Anstieg der Arbeitskosten in Spanien (50%) und Italien (38%) verglichen mit den relativ geringen Arbeitskosten in Deutschland (18%). Unternehmensgründungen in südeuropäischen Ländern sind mit der Überwindung großer Hürden verbunden.

Anleger sollten daher eher in Unternehmen investieren, die in Schwellenländern ansässig sind. Auch bei hochwertigen Dividendenmitteln sollen die Renditen in einem Umfeld geringen Wachstums steigen. Der europäische Markt wird derzeit von der EZB am Leben gehalten. Anleger harren so lange aus, bis die Märkte beruhigt sind. „Unterdessen haben die aggressiven Maßnahmen der Zentralbanken die Extremrisiken maßgeblich  verringert und das Weltwirtschaftswachstum zeigt Anzeichen der Erholung“, sagt Alexander Friedmann, Anlagechef der Schweizer Bank UBS. Mittelfristig scheint ein Ausweg aus der Rezession in Europa unwahrscheinlich.

In den USA ist der demografische Faktor nicht ganz so ernst einzuschätzen wie in Europa. Allerdings werden auch hier in zehn Jahren zwei Erwachsene für einen Rentner aufkommen müssen. Besonders der Gesundheitssektor verlangt schon jetzt nach der Hälfte des gesamten US-amerikanischen Haushaltsbudgets. Das Haushaltsdefizit muss abgebaut werden, was durch die Einführung einer Krankenversicherung für alle US-Amerikaner eher schwerer als leichter wird. Anleger sollten ihr Risiko auf dem amerikanischen Finanzmarkt vorerst nicht erhöhen.

In China wurde die Ein-Kind-Politik zur Wahrung des Wirtschaftswachstum zum demografischen Problem: Was sich positiv auf Bevölkerungsrate und Wirtschaft auswirkt führt langfristig dazu, dass ein Erwachsener für zwei Rentner aufkommen muss. Weil die Chinesen für die Altersvorsorge mehr sparen müssen, ist der Privatkonsum pro Kopf relativ gering (35% in China, 70% in den USA, 57% in Europa). China muss sein Sozialversicherungssystem ausbauen um die Sparquote zu verringern. Auch eine Aufwertung der Währung würde den Konsum ankurbeln. China ist jedoch immer noch ein bevorzugter Markt für Anleger, da der Staat die Anlageinvestitionen fördert.

Die UBS konzentriert sich auf US-Hochzinsanleihen. Vom amerikanischen Aktienmarkt hält sich die Schweizer Bank jedoch überwiegend fern, wegen Unklarheiten über die Bewältigung der Fiskalen Klippe in den USA und der allgemein schwachen wirtschaftlichen Situation. Allein die Aktienmärkte in Schwellenländern scheinen derzeit stabil. Vor allem der Unternehmensaktienmarkt in den Schwellenländern ist am wenigsten anfällig für Schwankungen.

Weitere Themen:

Kritik an Hollande: Unternehmen fordern Senkung der Arbeitskosten um 30 Milliarden

Spanien: Auch Kantabrien braucht Staatshilfe

Protest bei Wahl: Jeder zweite Sizilianer hat nicht gewählt

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg ohne Inflation: Wie Israel das ökonomische Tabu bricht
18.06.2025

Israel führt Krieg, pumpt Milliarden in Rüstung und treibt die Geldmenge nach oben – doch die Inflation bleibt aus. Ist alles, was wir...

DWN
Politik
Politik Kommt die Wehrpflicht? Nur jeder dritte Deutsche würde heute Wehrdienst leisten
18.06.2025

Die Nato drängt: Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie soll die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Raus ist raus: Russland droht westlichen Firmen mit Rückkehr-Verbot
18.06.2025

Westliche Konzerne wollten erst raus – und nun leise zurück nach Russland? Die Regierung macht dicht: Rückkaufrechte gestrichen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stellenabbau: Deutsche Industrie verliert in nur einem Jahr 100.000 Arbeitsplätze
18.06.2025

Die desaströse Wirtschaftspolitik der letzten Jahre führt in der Konsequenz zu immer mehr Stellenabbau in der deutschen Industrie. Vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis und Platinpreis explodieren – verdrängen diese Metalle bald das Gold als Krisenwährung?
18.06.2025

Der Silberpreis und der Platinpreis schießen in die Höhe – und Anleger wenden sich zunehmend vom teuren Gold ab. Droht dem einstigen...

DWN
Politik
Politik Diäten, Rente und Pflege - was sich im Juli ändert
18.06.2025

Gerade in der Urlaubszeit wäre mehr Geld auf dem Konto ein Traum: Für wen ab Juli mehr drin ist und welche Fristen Sie beachten sollten.

DWN
Politik
Politik Neuer BND-Chef wird Martin Jäger - bisher deutscher Botschafter der Ukraine
18.06.2025

Der deutsche Botschafter in der Ukraine, Martin Jäger, wird neuer Präsident des Bundesnachrichtendienstes. BND-Präsident Bruno Kahl...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstundenabbau: Ansammeln von Überstunden - Welche Rechte haben Arbeitgeber?
18.06.2025

Das Überstundenvolumen liegt in Deutschland, auch ohne steuerfreie Überstunden, auf einem hohen Niveau: 2024 wurden 1,2 Milliarden...