Politik

EU gibt Sparkurs auf und erlaubt Spanien höheres Defizit

Überraschende Wende in der Eurokrise: Die EU-Kommission hat beschlossen, dass Spanien kein weiteres Sparprogramm auflegen muss. Damit ist der Weg frei für bedingungslose EZB-Gelder an Spanien. Die Entscheidung wird Deutschland und die junge Generation in Spanien belasten.
15.11.2012 01:26
Lesezeit: 1 min

Die massiven Proteste in Spanien (hier) haben offenbar ihre Wirkung auf Brüssel nicht verfehlt. In einem Memorandum (hier die Originalmitteilung der EU) gab Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch den Beschluss der EU-Kommission bekannt, dass Spanien genug gespart habe. Es werden keine weiteren Strukturreformen verlangt. Spanien habe für die Jahre 2012 und 2013 genug gespart, sagte Rehn. Die EU-Kommission vertraut darauf, dass Spanien die beschlossenen Maßnahmen auch umsetzen wird.

Madrid erhält die Genehmigung, die von der EU festgesetzten Defizit-Ziele für die Jahre 2012 und 2013 zu verfehlen. Für 2012 hätte Spanien auf ein Defizit von 6,3 Prozent des BIP kommen sollen, für 2013 war ursprünglich eine Reduktion auf 4,5 Prozent vorgesehen. Nun sehen die EU-Prognosen vor, dass Spanien dieses Jahr 8 Prozent und im kommenden Jahre 6 Prozent erreichen solle. Finanzminister Luis des Guindos (früher Chef von Lehman in Spanien) vertritt dessen ungeachtet die Auffassung, dass Spanien die ursprünglichen Ziele erreichen wird.

Spanien kann damit vor allem auf die gefürchtete Pensionsreform verzichten - eine Punkt, bei dem Premier Mariano Rajoy klargemacht hatte, dass er ihn nicht umzusetzen beabsichtige.

Damit kann die EZB Spanien in unbegrenztem Ausmaß neue Kredite gewähren. Das Kreditrisiko für zusätzliches Geld an Madrid trägt somit die EU, notabene Deutschland. Über das Target 2-System dürfte damit die Belastung dezent auf Deutschland und die anderen Nordländer der Euro-Zone verlagert werden.

Neben den Deutschen gehören die jungen Spanier zu den Verlierern dieser Entwicklung. Denn die fehlenden Finanzmittel, die wegen der anhaltenden Rezession von außen in den spanischen Haushalt gepumpt werden müssen, werden so nicht zur Ankurbelung der Wirtschaft verwendet werden, sondern sollen vor allem den Lebensstandard der Rentner sichern. Die spanische Jugendarbeitslosigkeit liegt bei knapp 50 Prozent.

Die EU-Kommission gibt mit dieser Entscheidung dem Drängen des IWF nach. Der IWF ist seit einiger Zeit überzeugt, dass die Krise nicht durch weitere Sparmaßnahmen, sondern durch eine Umverteilung der Finanzmittel innerhalb der Euro-Zone erreicht werden soll (hier). Zwar stellte Rehn fest, dass diese Entscheidung zunächst nur Spanien betreffe und die Lage in jedem anderen Land gesondert beurteilt werde. Aber Beobachter gehen davon aus, dass nun auch die anderen europäischen Schuldenstaaten darauf pochen werden, Kredite von der EZB ohne Sparauflagen zu bekommen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...