Politik

Deutliche Mehrheit der Israelis lehnt Waffenstillstand mit der Hamas ab

Die Israelis trauen dem Frieden nicht: Eine TV-Blitzumfrage ergab, dass 70 Prozent den Waffenstillstand ablehnen. Nur sieben Prozent glauben, dass der Frieden lange währen wird. Die israelische Regierung befindet sich damit in einer schwierigen Lage für die kommenden Wochen.
21.11.2012 20:12
Lesezeit: 2 min

In einem Punkt haben die Raketen der Hamas in Israel ihre Wirkung nicht verfehlt: Die Israels ist durch den dauerhaften und unkontrollierten Beschuss deutlich verunsichert. Nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton gemeinsam mit dem ägyptischen Außenminister Mohamed Kamel Amr am Mittwochabend den Waffenstillstand bekanntgegeben hatte, saß den Israelis der Schrecken noch in den Gliedern.

Der TV-Sender Channel 2 ermittelte in einer Umfrage, dass eine klare Mehrheit der Bürger den Waffenstillstand ablehnt: 70 Prozent halten nichts davon, 24 Prozent finden es richtig. Was die Haltbarkeit der Vereinbarung anlangt, ist man in Israel noch pessimistischer: Nur sieben Prozent glauben, die Waffen werden längere Zeit schweigen. 24 Prozent sagen, dass die Waffenruhe erst gar nicht wirksam werden wird. 64 Prozent glauben, dass der Friede nur eine kurze Weile halten werde. Auch über den militärischen Erfolg der eigenen Truppen äußern sich die Bürger ungewohnt verhalten: Nur 58 Prozent glauben, die Operation habe die Stärke Israels wiederhergestellt.

Die Umfrage ist natürlich nur eine Momentaufnahme, zeigt jedoch deutlich, wie sehr sich die Lage im Nahen Osten verändert hat. Gab es früher noch nach jedem noch so verlustreichen Krieg immer das Gefühl, das eigene Land erfolgreich verteidigt zu haben, so macht sich bei den Israelis eine deutliche Kriegsmüdigkeit bemerkbar. In Israel sind dieser Tage die meisten in einem Zustand der Orientierungslosigkeit: Jeder vernünftige Bürger will, dass die Palästinenser in Frieden leben können; auch ein eigener Staat Palästina ist keine Bedrohung mehr für Israel - im Gegenteil: Was den Israels wirklich Sorgen macht, ist die Tatsache, dass die verschiedenen politischen und militärischen Aktionen nicht mehr einzelnen Staaten zugeordnet werden können. Auch früher sah sich Israel einer Phalanx arabischer Gegner gegenüber. Heute jedoch weiß niemand mehr, wo der Feind sitzt. Der Nahe Osten versinkt in einem Nebel der Vedächtigungen und der Hinterhalte.

Für die Regierung Netanjahu kommen daher nun schwierige Wochen. Seine Mitteilung, er habe dem Waffenstillstand auf Bitte von US-Präsident Barack Obama zugestimmt, läßt tief blicken: Auch Netanjahus Drohgebärden geben seinem Volk keine Sicherheit. Er wird sich entscheiden müssen, ob er weiter auf Härte setzt oder doch irgendeinen Weg findet, den Israelis das Gefühl zu vermitteln, dass ihre Regierung ihre Sicherheit auch in unübersichtlichen Zeiten garantieren kann.

Auch im Gaza herrscht dieselbe Kriegsmüdigkeit - zumal die Zivilbevölkerung hier noch stärker von den israelischen Luftschlägen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Anders als in Israel werden jedoch auch noch nach dem sinnlosesten Waffengang ideologische Jubelgeänge angestimmt. Man kann den Eindruck gewinnen, als wäre die Hamas-Führung bereit, ihr gesamtes Volk als Geisel für ein kollektives Selbstmord-Kommando zu nehmen (Analyse der Situation im Gaza Streifen - hier).

Daher ist der israelische Pessimismus wohl nicht unbegründet. Und selbst wenn die kleine Minderheit recht behalten sollte und die Kämpfe tatsächlich für eine Weile aufhören: Von einem Frieden im Nahen Osten merkt man gegenwärtig so wenig wie schon lange nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Unklare Details vor Friedensgesprächen in Istanbul
14.05.2025

Kurz vor dem geplanten Dialog zur Lösung des Ukraine-Kriegs bleibt unklar, in welchem Rahmen die Friedensgespräche in Istanbul...