Im EU-Budgetstreit hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy eine bemerkenswerte Kursänderung vorgeschlagen: Er gab dem Drängen Frankreichs und Italiens nach und erhöhte das Budget für die umstrittene Agrarförderung um 7,7 Milliarden Euro. Mario Monti und Francois Hollande hatten sich zu einer Allianz zusammengetan, die die massive Förderung der Bauern von Van Rompuy forderte.
Einem Bericht der FT zufolge geht die Änderung auf Kosten jenes Sektors, den die meisten Beobachter für den zukunftsträchtigsten halten: jenen für Infrastruktur-Projekte wie Pipelines, Internet-Breitband und Telekommunikation. Dieser Bereich gilt als derjenige, der am ehesten für Wachstum und neue Jobs sorgt. Der Hauptgeschäftsführer des BDI, Markus Kerber, hatte erst kürzlich gefordert, dass genau diese Bereiche ausgebaut werden müssten, um Europa nicht hoffnungslos ins Hintertreffen zu schicken (hier).
Ebenfalls gekürzt werden sollen die Förderungen für kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Bereiche Forschung und Entwicklung.
Die Agrarförderung ist dagegen ein Anachronismus, der mit vernünftigen Gründen kaum zu rechtfertigen ist - jedenfalls nicht in dieser Höhe. Schon jetzt ist die Agrarförderung der größte Bereich im EU-Budget. Die Landwirtschaft kann in Europa kein Wachstum erzeugen. Viele der Gelder führen zu sinnloser Überproduktion, andere landen gar im Nirwana. Erst kürzlich hat die EU Österreich die Streichung aller landwirtschaftlichen Subventionen angedroht, weil zu viele Betrugsfälle aufgeflogen waren (hier).
Der zweite Bereich, in dem Van Rompuy partout nicht sparen will, ist die Brüsseler Bürokratie. Die 55.000 Beamten stellen für Van Rompuy die wichtigste Säule der EU dar. Hier lehnt Van Rompuy Kürzungen ab. Gehälter und Tantiemen sind für Van Rompuy eine Tabuzone.
Die Fokussierung Europas auf Bauern und Bürokraten erscheint indes kein wirklich geeigneter Weg, um die EU im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften, etwa jenen in Asien, wettbewerbsfähig zu positionieren.