Die Geschichten um Steinbrücks Vergangenheit und seine Aktivitäten außerhalb des politischen Mandats reißen nicht ab. Diesmal geht es um die abgewickelte WestLB. Deren Tochter soll in den Jahren 2002 bis 2005 seinen Kunden, darunter Funktionäre von Stadtwerken, Beamte und Sparkassen-Chefs, regelmäßig auf kostenlose Kundenreisen geschickt haben. Reisen wie etwa nach Dallas im Wert von 5.600 Euro pro Person, soll die heutige WestLB Mellon Asset Management, damals die unter dem Namen New Yorker Bank Mellon agierende Tochter, bezahlt haben, berichtet das Handelsblatt mit Verweis auf Unterlagen. Es soll so genannte Kundenevents im Wert von einer halben Million Euro gewesen sein.
Das Problem: Peer Steinbrück war bis 2002 stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats und Mitglied im Präsidialausschuss der WestLB. Zu einer Zeit also, als die „Lustreisen“ bereits begonnen hatten. Die nordrhein-westfälische CDU verlangt nun von Steinbrück, Auskünfte über eine eventuelle Verstrickung in diese Kundenevents seinerseits zu geben, so das Handelsblatt. Die CDU will erfahren, welchen Zweck diese Reisen erfüllen sollten und, was Steinbrück als stellvertretender Verwaltungschef davon wusste. Die FDP sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer „sozialdemokratisch durchfilzten WestLB“. Selbst wenn Peer Steinbrück nichts davon gewusst haben sollte, hätte er mit seiner damaligen Position Verantwortung übernommen, habe aber nun gezeigt, dass es ihm nicht gelungen sei, die WestLB nachhältig aufzustellen.
Eine Konzernbetriebsprüferin meldete sich bezüglich der Kundenevents 2010 zu Wort, da die WestLB-Tochter die Reisen für die Kunden als Betriebsausgaben vom Gewinn abzog. Zum damaligen Zeitpunkt war die amerikanische Bank Mellon bei der WestLB bereits eingstiegen. Da sie ein Problem mit der Finanzaufsicht fürchtete, beauftragte der Vorstand, die Düsseldorfer Partner der internationalen Anwaltskanzlei Hogan Lovells mit einer strafrechtlichen Bewertung der Vorfälle, so das Handelsblatt.
Die Anwälte kamen zu dem Schluss, dass die Geltungmachung als Betriebsausgaben verboten sei, wenn es Aufwendungen im Zusammenhang mit Korruptionsstraftaten waren. Deshalb gebe es in diesen Fällen ein sehr hohes Risiko, dass Würdenträgern Vorteile gewährt wurden und sich die Tochter der WestLB sogar strafbar gemacht habe, wird aus den damaligen Protokollen zitiert. Die Anwälte schlugen daraufhin vor, die Ausflüge als „Geschenk“ zu führen. Zwar konnten sie so nicht von der Steuer abgesetzt werden, aber Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konnten vermieden werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass Peer Steinbrück im Hinblick auf Geschehnisse in der WestLB ins Scheinwerferlicht rückt. 2003 wurde ihm vorgeworfen, Mitglied des Kreditausschusses der WestLB gewesen zu sein - des Gremiums, das scheinbar bedenkenlos riskanten Milliarden-Krediten zustimmte. Steinbrück beteuerte damals, zwar Mitglied gewesen zu sein, aber 1998 bis 2002 nie an einer Sitzung des Kreditausschusses teilgenommen zu haben.
Die Beschuldigungen und Vorwürfe gegenüber dem SPD-Kanzlerkandidaten reißen somit nicht ab. Erst vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass Steinbrück den Medienberater Roman Maria Koidl für seine Internetkommunikation verpflichten wollte. Dieser arbeitete aber zuvor für den als aggressiv bekannten Hedge Fonds Cerberus und den weniger gefürchteten Fund Värde Partners Europe. Von einer Bankenferne Steinbrücks kann da nicht wirklich die Rede sein (hier).