Politik

Führungs-Krise in Brüssel: EU-Präsident Van Rompuy kündigt seinen Abgang an

Der erste Ratspräsident der EU, Herman Van Rompuy, beendet seine Amtszeit Ende 2014. Die Bekanntgabe ausgerechnet jetzt, an einem weiteren Höhepunkt der Euro-Krise, legt den Schluss nahe, dass die Krise viel schlimmer ist als nach außen bekannt. Da auch Barroso 2014 abtritt, wird die EU nun von zwei „lahmen Enten“ geführt.
18.03.2013 11:57
Lesezeit: 2 min

„Wie Flasche leer“ - das sagte seinerzeit der legendäre Bayern Trainer Giovanni Trappatoni zum Spieler-Versager Thomas Strunz.

Nun hat auch Herman Van Rompuy genug vom Dauer-Stress. Van Rompuy sagte am Sonntag dem flämischen Fernsehen VRT: „Meine Amtszeit endet am 1. Dezember 2014. Ende 2014 ist das Ende meiner politischen Laufbahn.“

Van Rompuy will auch für die Christdemokraten Flanderns nicht mehr arbeiten, sondern einfach in Ruhe seine wohlverdiente Rente genießen. Van Rompuy ist 65 Jahre alt. Er war der erste Präsident des Europäischen Rates der 27 EU-Staaten. Eine erneute Kandidatur für den Posten wäre nicht möglich. Auch Europe's Next Top-Model, die Außenbeauftrage Lady Ashton, fühlt sich überarbeitet und tritt ab.

Van Rompuy hat in Europa immer wieder für Erstaunen gesorgt: Einmal verschenkte er zu Weihnachten ein Büchlein über das positive Denken (hier), dann versprach er als stolzer Friedensnobelpreisträger den Europäern eine Periode des hundertjährigen Friedens (hier). Der britische Euro-Satiriker Nigel Farage hat Van Rompuy einmal mit einem Küchengerät verglichen - und musste dafür einige tausend Euro Strafe zahlen (hier).

Der Rücktritt ist eigentlich keine Meldung wert. Van Rompuy hatte eine Funktion inne, die schleunigst wieder abgeschafft gehört. Der vorher und nachher gänzlich unbekannte flämische Provinz-Politiker hat aus einem schlechten Posten das Schlechteste gemacht.

Interessant ist jedoch die Tatsache, dass Van Rompuy den Rücktritt jetzt bekanntgibt. Die EU hat - gemeinsam mit der EZB und dem IWF - mit dem Bankraub in Zypern den finalen Count-Down für den Euro eingeleitet (hier). Offenbar ist die Krise mittlerweile so massiv, dass Van Rompuy lieber die Flucht in den steuerfinanzierten Ruhestand antritt.

Dadurch entsteht ein Vakuum an der Spitze der Euro-Bürokratie. Wie üblich, wird es nun zu monatelangen Machtkämpfen kommen, wer den begehrten Posten einnehmen darf.

Es gibt zahlreiche Politiker, die wegen verheerender politischer Wahlniederlagen in ihren Ländern versorgt werden müssen, und sich daher hervorragend für das Amt qualifizieren.

Die psychologische Wirkung der Ankündigung sollte nicht unterschätzt werden. Die EU - ohnehin wegen der unterschiedlichen zentrifugalen Kräfte praktisch kaum zu führen - tümpelt nun die kommenden zwei Jahre führerlos vor sich hin. Auch Kommissions-Präsident José Manuel Barroso tritt 2014 ab, für seine Nachfolge dreht schon der sympathische Rheinländer Martin Schulz unermüdliche Runden (hier).

Durch die Ankündigung Van Rompuys wird allen am Euro-Endspiel Beteiligten klar: Zum entscheidenden Elfmeter-Schiessen treten für die EU zwei Schützen an, die beide in der einen Hand ein Bierglas, und in der anderen eine qualmende Zigarre halten.

Mitten in der härtesten Existenz-Krise des Euro erklären sich die zwei wichtigsten Führer zu „lahmen Enten“ (lame duck).

Das neue Motto der EU heißt: Quaack!

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trumps Handelskrieg zwingt EU und China zu einer Annäherung – doch der Preis ist hoch
26.04.2025

Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China zwingt die EU zu einem Strategiewechsel. Doch der geopolitische Preis ist hoch...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?
26.04.2025

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Funkmast auf Futterwiese: Das verdienen Landwirte mit Mobilfunkmasten
26.04.2025

Wer als Landwirt ungenutzte Flächen oder Scheunendächer für Mobilfunkanbieter öffnet, kann mit Funkmasten stabile Zusatzeinnahmen...

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....