Deutschland

Sozial-Dumping: Belgien klagt gegen Mini-Jobs in Deutschland

Belgien kritisiert die Ausbeutung von Arbeitskräften in deutschen Unternehmen. Der unlautere Wettbewerb bedrohe belgische Unternehmen und müsse aufhören. Deshalb hat die belgische Regierung bei der EU-Kommission eine Beschwerde eingereicht.
10.04.2013 00:14
Lesezeit: 1 min

Wenn der belgische Wirtschaftsminister Johan Vande Lanotte belgische Fleischunternehmen besucht, höre er immer die gleiche Geschichte. Er höre von osteuropäischen Arbeitern, die 60 Stunden pro Wochen in deutschen Schlachthöfen schuften, und dafür armselige 400 bis 600 Euro verdienen, zitiert die belgische Tageszeitung Le Soir den Wirtschaftsminister. „Das Schlimme ist, dass sei auch noch legal, weil es in Deutschland keinen allgemeinen Mindestlohn gibt“, so fährt er fort. Man verstoß als Unternehmen nicht gegen Vorschriften, weil es keine gibt. „Das muss aufhören“, Deutschland betreibe Sozial-Dumping, so Vande Lanotte vor einem Treffen mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies Ende März.

Unlauterer Wettbewerb deutscher Unternehmen

Belgischen Unternehmen drohe der Konkurs, da sie sich vor der deutschen Konkurrenz nicht wehren könnten, sagte Vande Lanotte. Es sei beispielsweise billiger, belgische Rinder nach Deutschland zu transportieren, sie dort von Niedriglohnarbeitern zu Steaks zu verarbeiten und dann nach Belgien zurück zu schicken. Belgische Fleischunternehmen würden sich kaum über Wasser halten können. „Diese Praktiken sind untragbar. Das ist unlauterer Wettbewerb“, kritisierte Vande Lanotte.

Die belgische Regierung hat aus diesem Grund eine entsprechende Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Die so genannten Minijobs in Deutschland würden die EU-Wettbewerbsrichtlinien unterlaufen, heißt es in der Beschwerde. Manche Arbeiter würden nur drei oder vier Euro pro Stunde erhalten, ohne soziale Absicherung, klagt Belgien (auch in der Pflege ist die Bezahlung äußerst schlecht - hier).

Der EU-Kommission zufolge arbeiten 7,5 Millionen Menschen in Mini-Jobs in Deutschland. In Belgien hingegen erhielten Arbeiter ein Minimum von 12 bis 13 Euro pro Stunde und alle Beteiligten würden soziale Abgaben leisten, sagte eine belgische Regierungssprecherin der BBC. Auch Unternehmen aus Frankreich und den Niederlanden seien von dem Lohn-Dumping betroffen. Die EU-Kommission müsse dies stoppen, denn die „Kommission kann Europa zu einer sozialeren Union machen“.

EU kritisiert Mini-Jobs in Deutschland

Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission die deutsche Regierung in einer Empfehlung darauf hingewiesen, dass „die ausgeweitete Nutzung von Mini-Jobs zu niedrigeren Rentenansprüchen führe“. Aus diesem Grund bestehe in Deutschland der Bedarf, den Übergang von Minijobs zu stabileren Anstellungsverhältnissen zu fördern. Es sei unbedingt notwendig die Bedingungen dafür zu schaffen, dass die Löhne zusammen mit der Produktivität wachsen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...