Finanzen

Wien: Immobilienblase bei Eigentums-Wohnungen

In Wien sind die Preise bei gebrauchten Eigentumswohnungen seit dem Jahr 2000 regelrecht explodiert. Analysten wollen keine Blase sehen, sondern sprechen von der Umorientierung der Investoren. So kann man eine Blase auch nennen.
22.04.2013 14:03
Lesezeit: 2 min

Der österreichische Immobilienmarkt befindet sich nach wie vor in Hochkonjunktur. Aus einem aktuell erschienen Immobilienindex geht hervor, dass sich besonders gebrauchte Eigentumswohnungen in den letzten Jahren extrem verteuert haben. In Wien betrugen die Preissteigerungen zwischen 2000 und Ende 2012 in diesem Segment satte 91 Prozent. Zum Vergleich: der Verbraucherpreisindex (VPI) stieg im selben Zeitraum um 29,8 Prozent an.

Auch bei neuen Eigentumswohnungen im Raum Wien war die Preiserhöhung seit der Jahrtausendwende rasant: 58 Prozent betrug dort der Anstieg. In den anderen Bundesländern war die Entwicklung nicht ganz so heftig: 46 Prozent betrug die Preissteigerung bei gebrauchten Wohnungen, mit 24 Prozent bei neuen Eigentumswohnungen lag die Teuerung in den Ländern sogar unter der Inflationsmarke.

Der besagte Immobilienindex wurde von Professor Wolfgang Feilmayr (Technische Universität Wien) in Zusammenarbeit mit der Austria Immobilienbörse (AIB) und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) entwickelt. Der Index wurde mittels eines komplexen ökonometrischen Modells berechnet, das auch die räumlichen Unterschiede, vor allem zwischen Land und Stadt berücksichtigt. Insbesondere seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 gab es demnach einen wahren Boom auf dem Immobiliensektor.

Die teuersten Städte nach Wien sind vor allem Salzburg und Innsbruck. Der Schwerpunkt des durchaus als Run zu bewertenden Preisanstiegs der letzten Jahre lag aber eindeutig in der Bundeshauptstadt. „Blase ist dies aber keine“, sagt Studienautor Feilmayr im Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Preissteigerungen seien nämlich nicht in erster Linie kreditfinanziert, sondern ergeben sich aus der Umorientierung vieler Investoren. Immobilien gelten also nach wie vor als sicherer Anlagehafen. Hinweise gebe es auch darauf, dass vermehrt Investoren aus den südeuropäischen Krisenländern und auch aus dem osteuropäischen Raum auf dem österreichischen Immobilienmarkt aktiv werden, so der Experte.

Weniger betuchte Anleger lösen sogar ihre Ersparnisse auf, um sich eine Wohnung zu kaufen. Entsprechend war besonders in sehr guten Lagen wie im ersten Wiener Bezirk eine Verdoppelung der Preise zu verzeichnen. Gebrauchtwohnungen haben auch deswegen stark angezogen, weil in den teuersten Gegenden Wiens kaum mehr Neubauten errichtet werden können, und stattdessen der Altbestand renoviert wird. Der extreme Anstieg vor allem zwischen 2011 und 2012 sei jetzt trotzdem etwas abgeflacht, sagte Feilmayr. Auch in Zukunft sei aber kein nachhaltiges Absinken der Preise zu erwarten.

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Entwicklung bei den Wohnungsmieten nicht dermaßen dramatisch ist wie auf dem Eigentums-Markt. Sowohl Richtwert- als auch freie Mieten sind in Wien in den letzten Jahren kaum stärker als die Inflation angestiegen. Immobilien würden hauptsächlich als Geldanlage gesehen, die Mieteinnahmen für die Besitzer bisweilen nicht die entscheidende Rolle spielen, so Feilmayr.

Auch die Ratingagentur Standard & Poor´s sieht die vor allem in den vergangenen drei Jahren rasant angestiegenen Immobilienpreise nicht als gefährliche Blase. Wie Immobilienexperte Feilmayr sagte auch Markus Schmaus, S&P Senior Director – Analytical Manager Financial Institutions in Frankfurt, dass der Preisanstieg nicht von einer Ausweitung an Hypothekarkrediten getrieben ist. Vielmehr sei der Grund in der vermehrten Immobilien-Orientierung von Investoren zu suchen, so wie in der Schweiz. Bei S&P erwartet man ein Abflauen der Preisrally. „Die Daten deuten auf Anfänge einer Marktüberreizung hin, die wir genau beobachten werden“, so der Analyst.

 

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