Politik

Prof. Sinn in Karlsruhe: EZB-Risiko bis zu drei Billionen Euro

Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut redet vor dem Bundesverfassungsgericht Klartext. Die Ausführungen von EZB-Direktor Asmussen, wonach das Aufkaufprogramm mittels OMT auf ein- bis dreijährige Staatsanleihen beschränkt sei, entlarvte der eurokritische Ökonom als plumpe Propaganda.
12.06.2013 14:40
Lesezeit: 1 min

Am Dienstag hatte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen vor dem Bundesverfassungsgericht ausgesagt, das OMT-Programm der EZB sei auf Ankäufe kurzer Laufzeiten der Staatsanleihen und deshalb auf einen limitierten Bereich beschränkt.

Bei der Anhörung am Mittwoch stellte der Target 2-Experte Hans-Werner Sinn Professor Sinn vom ifo-Institut Asmussens Aussagen hinsichtlich eines begrenzten Pools von Ankäufen durch die EZB deutlich infrage. Im Grunde entlarvte Sinn die Darstellung der EZB als reichlich plumpe Propaganda. Denn alle auf dem Markt gehandelten Staatsanleihen kämen eines Tages in eine dreijährige Laufzeitphase. Sinn bezifferte den tatsächlichen Umfang – einschließlich französischer Staatsanleihen – auf bis zu drei Billionen Euro.

Seit langem ist bekannt, dass seit Ankündigung des OMT-Programms im September 2012 der Öffentlichkeit keine konkreten Ausführungsbestimmungen bezüglich der „Konditionalität“ zum Aufkaufprogramm vorliegen.

Auf Nachfrage des Gerichts hatte Asmussen einräumen müssen, dass die EZB bisher keine Veranlassung sah, eine Rechtsverordnung für das OMT-Programm zu veröffentlichen. Die EZB werde die OMT-Rechtsverordnung jedoch bei bevorstehenden Bondkäufen bekanntmachen.

Zudem unterstellt Asmussen, dass es niemals in einem Land der Euro-Zone zu einer Umschuldung kommen werde. Das lässt vermuten, dass er hinsichtlich Griechenlands weder dem Verfassungsgericht noch der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken möchte. Denn für Griechenland arbeitet die EU bereits an einer Umschuldung – allerdings von einem steuerfinanzierten Topf in den anderen (vom EFSF zum ESM – hier).

Asmussen räumte jedoch ein dass, die EZB bei einem etwaigen Schuldenschnitt ein gleichrangiger Gläubiger wäre. Da die Beteiligung der EZB an diesen Verlusten gleichbedeutend sei mit einer monetären Staatsfinanzierung müsste die EZB zwar gegen einen solchen Schuldenschnitt stimmen, könne von anderen Gläubigern jedoch überstimmt werden.

Dies bedeutet im Umkehrschluss die Beteiligung an einem Schuldenschnitt, beispielsweise im Fall Griechenlands, nicht nur Verluste der bisher ausgereichten „Garantien“ über die beiden „Rettungsschirme“ sondern ebenfalls Verluste der Steuerzahler hinsichtlich Verluste der EZB.

Beim ersten Schuldenschnitt für Griechenland Anfang 2012 zu Lasten der privaten Investoren musste der deutsche Steuerzahler auch Abschreibungen der Hypo Real Estate (HRE) schultern. Die Bank wurde 2009 verstaatlicht und hielt Griechenland-Anleihen im Wert von rund acht Milliarden Euro in ihren Büchern.

Das abschließende Urteil der Verfassungsrichter zum EZB-Programm und ESM wird Ende September dieses Jahres erwartet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...