Deutschland

Bundestag beschließt Enteignung der deutschen Steuerzahler

Lesezeit: 3 min
13.06.2013 15:39
Vor der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wird der Deutsche Bundestag am Donnerstag eine weitreichende Aufgabe von Souveränitätsrechten beschließen. Mit der Beauftragung der EZB als niemandem verantwortliche Banken-Aufsicht verliert der deutsche Steuerzahler endgültig die Kontrolle über die 135 Milliarden Euro, die Deutschland in den von niemandem kontrollierten ESM einzuzahlen hat. Das Votum des Bundestags wird eine historische Entscheidung.
Bundestag beschließt Enteignung der deutschen Steuerzahler

Benachrichtigung über neue Artikel:  

In zweiter und dritter Lesung wird heute im Bundestag das „Zustimmungsgesetz zur europäischen Bankenaufsicht“ verabschiedet (aktueller Bericht zu dieser gespenstischen Debatte - hier).

Was unter Tagesordnungspunkt 15 etwa gegen 20 Uhr zur Abstimmung (verschoben auf 21 Uhr; Livestream hier) gelangen wird, ist einer der weitreichendsten Eingriffe in die fiskalpolitische Souveränität Deutschlands in der Geschichte der Bundesrepublik. 

Mit der sogenannten Bankenaufsicht soll der Weg zur Bankenunion und zum gemeinsamen Einlagensicherungsfonds geebnet werden. Letzterer ist vor allem zur Stabilisierung des maroden Bankensystems in den Peripherieländern gedacht. Zwar schiebt die Politik den Aspekt „gemeinsamer europäischer Einlagensicherungsfonds“ – aus Rücksicht vor der bevorstehenden Bundestagswahl – weit nach hinten auf die Agenda, dennoch ist damit die Verfügbarkeit aller Spareinlagen der Bevölkerung in der Euro-Zone mitgedacht (hier).

Der FDP-Abgeordnete und Kritiker der alternativlosen Euro-Rettung, Frank Schäffler, warnt in einem ungewöhnlich dramatischen Appell an seine Fraktion vor den Folgen der heutigen Entscheidung.

In dem Brief, der den Deutschen Wirtschafts Nachrichten vorliegt, analysiert Schäffler messerscharf, dass es bei der heutigen Entscheidung im Grunde um die Übertragung wesentlicher Souveränitätsrechte Deutschlands an die EZB geht: Der mit 500 Milliarden Euro aus Steuergeldern bestückte ESM kann nämlich, wenn der Bundestag die „Bankenaufsicht“ abgenickt hat, uneingeschränkt zur Rettung von europäischen Banken verwendet werden. Schäffler: „Ab diesem Zeitpunkt kann niemand mehr behaupten, die Schaffung eines europäischen Finanzausgleichs sei Ausdruck irgendeiner Solidarität. Wir retten die Gläubiger von Banken.“

Schäffler weist darauf hin, dass die „Bankenaufsicht“, die nun beschlossen wird, etwas völlig anderes ist als jene, wie sie Angela Merkel und Wolfgang Schäuble seinerzeit dem Bundestag versprochen hatten: „Die Gegenleistung ist indes längst nicht mehr das, was sich der Bundesfinanzminister und die Bundeskanzlerin von einer Bankenaufsicht erhofft hatten. Ursprünglich war nur die Rede davon, dass diese „europäische Aufsicht unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank“ durchgeführt werde, wie Herr Schäuble in seiner Rede am 19. Juli 2012 im Bundestag ausgeführt hat. Nun bekommen wir eine einheitliche Aufsicht durch die Europäische Zentralbank. Das ist etwas völlig anderes.“

Schäffler weist auf die Gefahr „der internen Kompetenzverteilung der EZB“ hin: „Es wird durch Art. 19 der SSM-VO ein Aufsichtsgremium eingerichtet, das die Aufsicht leiten soll. Dieses Aufsichtsgremium besteht aus einem Vertreter je teilnehmendem Mitgliedsstaat plus 6 weitere Mitglieder, von denen 4 durch den EZB-Rat benannt werden und ein fünftes Direktoriumsmitglied der EZB ist. Die Entscheidungen werden mit Mehrheit getroffen. Vom Aufsichtsgremium sind also keine Entscheidungen zu erwarten, die inhaltlich von der inflationären, die Südländer bevorteilenden „Geld“-Politik der EZB abweichen oder dieser widersprechen. Damit können nämlich die Südländer mit Mehrheit beschließen, was mit den ESM-Milliarden geschieht.“

Die neuen Kompetenzen der EZB werden dazu führen, dass die Europäische Zentralbank in völliger Autonomie und niemandem verantwortlich, in Zukunft bestimmen können, wie die europäische Kreditwirtschaft aussieht.

Mit den 500 Milliarden Euro von den europäischen Steuerzahlern erhält die Finanzwirtschaft einen Jackpot, die EZB darf als unantastbarer Groupier im europäischen Finanz-Kasino entscheiden, wer gewinnt.

Auch in einer für Konfliktfälle vorgesehenen Schlichtungsstelle wird mit einfacher Mehrheit entschieden – die Stimme Zyperns wiegt dann gleich viel wie die Deutschlands. Schäffler: „In der Frage der Aufsicht sollen wir alle diese Bedenken und unseren vorsichtigen Vorstoß zur Abhilfe der ungerechten Stimmverteilung im EZB-Rat ignorieren. Nun sollen wir einer Aufsicht zustimmen, die Entscheidungen wie der EZB-Rat mit einfacher Kopfmehrheit gegen deutsche Interessen herbeiführen kann. Wie sollen wir von einer solchen Aufsicht erwarten, dass sie spanische, griechische, portugiesische, zyprische, irische, slowenische, italienische und französische Banken so beaufsichtigt, wie wir uns das vorstellen? Ich sage voraus, dass dies nicht passieren wird.“

Wie bestellt kommt daher auch gleich die erste Einschätzung aus Spanien: So fordert der spanische Außenminister Manuel Garcia-Margallo, der ESM dürfte nicht nur über eine begrenzte „Feuerkraft“ verfügen. Es gehe nicht an, dass der ESM seine Finanzmittel nur nach einem einstimmigen Votum im Gouverneursrat zur Verfügung stellen dürfe.

Die spanische Forderung zeigt: Die EZB ist als Aufseher noch nicht einmal installiert, da wollen die ersten schon die letzte, ohnehin äußerst undurchsichtige und unkontrollierbare Bastion im ESM schleifen.

Faktisch bedeutet die zu erwartende Zustimmung des Deutschen Bundestags zur EZB als alleiniger Bankenaufsicht in Europa die nächste, signifikante Aufgabe von finanzpolitischer Souveränität Deutschlands.

Die Forderungen des spanischen Außenministers haben einen konkreten Hintergrund. Laut Aussagen von Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut im Focus belaufen sich die spanischen Bankschulden auf 305 Prozent des BIP oder etwa 3,3 Billionen Euro.

Die vom Bundestag geplante Enteignung der Steuerzahler verhindert, dass die Deutschen auch nur den Hauch einer Chance bekommen, darüber zu befinden, ob sie ihr hart verdientes Geld den europäischen Zocker-Banken überlassen wollen.

Die meisten Abgeordneten haben weder Interesse noch eine Ahnung, was zu beschließen sie sich anschicken.

Man könnte mit einigem Grund von der Selbstaufgabe des Deutschen Bundestags sprechen.

 



Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...