Lesezeit: 1 min
24.06.2013 10:02
EU-Kommissions-Präsident Barroso hofft, den IWF endlich loswerden zu können. Die EU sei bereit, die volle Verantwortung für die Bailouts zu übernehmen. Dies hatten Kommission und EZB von Anfang an gewollt.
EU-Beamter: „Tod der Troika!“

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Tage der Troika sind gezählt. Das Bündnis aus EU-Kommission IWF und EZB, dessen Ziel die Rettung von Pleiteländern in der Eurozone ist, liegt im Streit darüber, wer für das gemeinsame Scheitern verantwortlich ist.

Tod der Troika“, zitiert El País einen hochrangigen EU-Beamten, der die Notlage von Ländern wie Griechenland und Zypern geprüft hatte. Diese Länder sind wie auch Portugal und Irland auf dem Weg in die Depression.

EU-Kommissions-Präsident José Manuel Durão Barroso sagte, die EU brauche den IWF nicht: „Die Bedingungen sind mehr als ausreichend, wenn die Regierungen es wollen, dass die europäischen Institutionen die volle Verantwortung für die Bailouts übernehmen.“

Die Troika ist praktisch am Ende. Und sie war von Anfang an stark belastet. Im Jahre 2010, als Griechenland gerettet werden sollte, wollte die EU-Kommission eigentlich einen europäischen Währungsfonds schaffen. Auch die EZB wollte einen Bailout-Fonds ohne Beteiligung des IWF. Dies scheiterte jedoch am Widerstand Deutschlands, das der EU-Kommission misstraute, die keine Erfahrungen mit Bailouts hatte.

In der Praxis wurde bald deutlich, dass das Vorgehen der Troika kaum Erfolge hatte. Die Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in den betroffenen Ländern funktionierten nicht, mit der Wirtschaft ging es dort immer weiter bergab.

Die Troika sagte zunächst, ihre Medizin würde in den Programm-Ländern nicht in ausreichender Dosis angewandt, doch heute glaubt sie das selbst nicht mehr. Stattdessen machen die drei Partner einander gegenseitig für das Versagen verantwortlich. Doch die Vorwürfe könnten einen ungewollten Nebeneffekt mit sich bringen: Das EU-Parlament prüft, ob es das Troika-Fiasko untersuchen lassen sollte.

Der IWF hat etwa ein Drittel zum Bailout Griechenlands beigetragen und etwa 10 Prozent bei Zypern. Er kritisierte die EU-Kommission und sagte, es sei unmöglich mit einer solchen Vielzahl von Premierministern, Finanzministern, Kommissaren, Eurogruppen-Mitarbeitern und strengen EZB-Bankern zu verhandeln.

Zudem hatte der IWF gesagt, dass der Griechenland-Bailout auf falschen Zahlen aufbaute. Die Troika-Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Griechenland seien regelmäßig viel zu positiv gewesen. Zwar hätten IWF-Mitarbeiter deutlich auf die Risiken hingewiesen, sie hätten sich aber in der Troika nicht durchsetzen können. Die EU wies diesen Vorwurf scharf zurück (mehr hier).

Die Troika sei ein schrecklicher Fehler gewesen, sagte Paul De Grauwe von der London School of Economics. Sie habe mit ihren Programmen eine Rezession in Europa ausgelöst, ohne Länder wie Deutschland stärker in die Pflicht zu nehmen. „Das Problem ist, dass die Beseitigung der Troika keine Lösung ist: Die Austeritäts-Fundamentalisten sind fest verwurzelt in den europäischen Institutionen“, so De Grauwe.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...