Politik

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)

Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) ist Bundestagsabgeordnete. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie im 1. Untersuchungsausschuss (Gorleben). Außerdem ist sie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.
15.09.2013 17:28
Lesezeit: 2 min
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)
Sylvia Kotting-Uhl (Foto: Copyright(c) Deutscher Bundestag / Renate Blanke) Foto: Alle Rechte beim Dt. Bundestag

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Die Europäische Union hat Europa Frieden und Wohlstand gebracht. Eine starke und handlungsfähige Europäische Union ist für unsere Zukunft entscheidend. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen (der Klimawandel, eine umweltverträgliche und bezahlbare Energieversorgung sowie Mobilität, eine wachsende Ressourcenverknappung, der demografische Wandel, der Rückgang an gesellschaftlicher Integration) können nur in einer stabilen Europäischen Union bewältigt werden. Gerade die Erfahrungen der letzten fünf Jahre haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, die europäische Integration zu vertiefen. Dafür brauchen wir das richtige Maß zwischen staatlicher Souveränität und supranationalen Kompetenzen. In einigen Bereichen brauchen wir eine deutlich europäischere Politik, müssen also mehr Kompetenzen auf die EU-Ebene verlagern. Nur so wird beispielsweise eine echte europäische Wirtschaftspolitik, die wir gerade dringender denn je benötigen, möglich sein. Ergänzend dazu ist die Einführung sozialer Mindeststandards in allen EU-Staaten notwendig. Wenn Unternehmen und Kapital über Grenzen hinweg agieren, darf die soziale Absicherung nicht an nationalen Grenzen haltmachen. Ich bin dafür, bei einer weitergehenden Übertragung von Kompetenzen auf die Europäische Union europaweit ein Referendum durchzuführen. Das europäische Volk muss am Ende des Tages entscheiden, welchen Weg wir gemeinsam gehen wollen.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Die Krise zeigt, dass klare und dauerhafte Regeln für den Umgang mit Verschuldungskrisen notwendig sind. Diese bietet der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Zudem folgt er dem klaren Prinzip, dass Hilfen nur gegen Auflagen gewährt werden.

Darüber hinaus halten wir GRÜNEN es für notwendig eine dauerhafte europaweit gemeinsame Lösung für die Bedienung der Staatsverschuldung zu finden. Hierzu bevorzugen wir das Konzept der „Blue Bonds“: Dabei werden 60 Prozent der Gesamtverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt (Verschuldungsgrenze nach den Maastricht-Kriterien) in gemeinsamen europäischen Anleihen herausgegeben, für die dann jeder EU-Mitgliedsstaat gleich niedrige Zinsen zu zahlen hätte. Jegliche darüber liegende Schulden müssten in „Red Bonds“ ausgegeben werden, für die die jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten selbst verantwortlich sind und entsprechend höhere Zinsen zu zahlen hätten. Das würde einen weiteren Anreiz zur Schuldenreduzierung setzen.

Für eine nachhaltige Entwicklung ist ein Abbau der Staatsschulden in allen EU-Mitgliedsstaaten notwendig. Sparpolitik allein reicht jedoch nicht aus, um die Krise zu überwinden. Es bedarf einer europaweiten nachhaltigen Wachstumsinitiative und einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

Wir sind für einen effizienten Einsatz von Steuergeldern. Zur Kontrolle der öffentlichen Ausgaben gibt es klare rechtliche Regelungen, die auch zu gerichtlichen Verfahren führen können, beispielsweise hinsichtlich des Handelns von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Darüber hinaus gibt es nicht nur innerhalb der politischen Strukturen, sondern auch außerhalb Kontrollstellen, wie beispielsweise den Landesrechnungshof, die regelmäßig die Verwendung von Steuergeldern genauestens beobachten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Polizeiliche Kriminalstatistik 2024: Immer mehr Gewaltdelikte
02.04.2025

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 offenbart ein besorgniserregendes Bild: Trotz eines leichten Rückgangs der Gesamtkriminalität...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kurzarbeit auf Rekordhoch: Kritik an Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wächst
02.04.2025

Die Wirtschaft steckt fest in einer Strukturkrise: seit 5 Jahren kein Wachstum. Die Folge: Immer mehr Unternehmen bauen Stellen ganz ab...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft: Verbände fordern dringenden Kurswechsel der Koalition
02.04.2025

Bitte kein "Weiter-so"! Mit Unmut blicken deutsche Wirtschafts- und Industrieverbände auf das, was die noch namenlose Koalition aus Union...

DWN
Politik
Politik Neue US-Zölle: Was die deutsche Wirtschaft fürchten muss
02.04.2025

Die geplanten Zölle von US-Präsident Trump sorgen für Unruhe in Europa. Niemand weiß genau, welche Branchen betroffen sein werden –...

DWN
Politik
Politik Ukraine erhält massive Militärhilfe aus Schweden und den Niederlanden – Russland weitet Einberufungen aus
02.04.2025

Die Ukraine erhält verstärkte militärische und finanzielle Unterstützung von Schweden und den Niederlanden, während Russland...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...