Finanzen

Eine Milliarde Euro europäischer Steuergelder versickert im Kongo

Mindestens eine Milliarde Euro sind in der Demokratischen Republik Kongo spurlos verschwunden. Die EU hat das Ausmaß der Korruption „übersehen“. EU-Ratspräsident Van Rompuy versucht den Skandal unter der Decke zu halten. Er spricht von schlechter PR. Die Korruption wird zu einer teuren Angelegenheit für die Steuerzahler.
03.10.2013 01:27
Lesezeit: 2 min

Mindestens eine Milliarde Euro der Entwicklungshilfe, die die EU an die Demokratische Republik Kongo gezahlt hat, ist spurlos verschwunden. Der Europäische Rechnungshof, der die Ausgaben der EU überwacht, hat der EU-Kommission in einem Bericht ein schlechtes Zeugnis über die Risikoeinschätzung der Korruption im Kongo ausgestellt.

Demnach seien zwischen 2003 und 2011 weniger als die Hälfte aller Projekte, die mit insgesamt 1,9 Milliarden Euro unterstützt werden, tatsächlich realisiert worden oder sind auf dem Weg dahin. Auch zielgerichtete Projekte bergen ein hohes Risiko, einfach ohne eine Spur zu verschwinden. „Die Aussicht auf Nachhaltigkeit ist in den meisten Fällen unrealistisch“, so der Rechnungshof.

In einem Beispiel zahlte die EU für ein Gerichtsgebäude und Gefängnisse im Kongo. In 2005 sollten zudem 1.000 Polizeibeamte trainiert und ausgebildet werden. Beide Projekte sind gescheitert. Die Gebäude wurden nie gebaut, die Einheiten nie ausgebildet.

Die von der EU entworfenen Projekte für die Region seien „zu ambitioniert“. Die Kommission habe die Risiken der Korruption „übersehen“. Die Programme der EU enthielten nach Angabe des Gerichts auch keine Angaben über den Mangel des politischen Willens oder das Ausmaß des Betrugs in der Region – zwei ernstzunehmende Risikofaktoren.

Auch in Ägypten sind zwischen 2011 und 2013 EU-Gelder in Höhe von einer Milliarde Euro der staatlichen Korruption zum Opfer gefallen.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy versucht indes, Nachrichten über die Verschwendung von EU-Steuergeldern herunterzuspielen. In einer Ratsrede sagte Van Rompuy, der Europäische Gerichtshof solle sich Gedanken über die „schlechte PR für die EU“ machen, die solche Berichte auslösen würden, berichtet der EU Observer. Das Gericht solle künftig „differenzierter“ Berichten, um keinen falschen Eindruck von der EU in der Öffentlichkeit zu erwecken.

Korruption auch in EU-Staaten ein großes Problem

Dabei sind es nicht nur die Budgets für die Entwicklungshilfe, die der Korruption zum Opfer fallen. Bis zu 2.2 Milliarden Euro wurden im Jahr 2010 in acht EU Staaten gestohlen, berichtet das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung. Die Zahl ist ein Schätzwert der durch Korruption entstandenen Kosten in verschiedenen großen Bereichen wie dem Bausektor und der Wasseraufbereitung.

Betroffen sind die EU-Staaten Frankreich, Ungarn, Italien, Litauen, die Niederlande, Polen, Rumänien und Spanien. Diese Länder wurden zufällig für eine Studie ausgewählt, die von dem Unternehmensnetzwerk PriceWaterhouseCoopers und der Universität Utrecht durchgeführt wurde.

Sobald ein Beschaffungsprojekt „von der Korruption betroffen ist, steigen die Verluste bei den öffentlichen Ausgaben substantiell“, sagte Anti-Korruptionskommissar Algirdas Semeta. Etwa drei bis vier Prozent des gesamten Beschaffungsbudgets fallen der Korruption zum Opfer. Ein vergleichbarer Bericht der Kommission vor zwei Jahren hat ergeben, dass nur ein Prozent des Budgets ohne Spur verschwindet.

Über die Methoden der Korruption ist wenig bekannt. Die geläufigste Methode, um Geld zu stehlen, ist die Preistreiberei. Verträge werden auf ein Vielfaches des tatsächlichen Marktpreises abgeschlossen.

Für den Austausch von vertraulichen Informationen erhalten Inhaber öffentlicher Ämter Bargeld aus öffentlichen Quellen, VIP Karten für Freizeitveranstaltungen, Formel 1- Rennen oder Reisen an exotische Urlaubsorte.

Die EU will reagieren und eine neue nationale Aufsicht errichten, die bei Interessenkonflikten einschreiten soll und Verträge überwacht, deren Volumen eine Million Euro überschreitet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...