Deutschland

Streit ums Personal: Besetzung der SPD-Ministerien noch offen

Lesezeit: 3 min
25.11.2013 15:25
Laut Parteikreisen ist noch immer unklar, welche Genossen welche Ministerien übernehmen sollen. Als sicher gilt nur, dass Steinmeier erneut Außenminister wird. Auch Parteichef Gabriel müsse unbedingt ins Kabinett, damit er „auf Augenhöhe“ mit Merkel agieren könne, so ein SPD-Stratege.
Streit ums Personal: Besetzung der SPD-Ministerien noch offen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Wenn für das SPD-Personal in einer großen Koalition Stellenangebote geschaltet würden, gäbe es wohl großflächige Anzeigen: Frau oder Mann aus Nordrhein-Westfalen mit Neigung und Eignung zum Bundesminister gesucht. Der größte Landesverband der SPD muss im Kabinett vertreten sein.

Bei der Zusammenstellung der Minister-Mannschaft ist dies, so heißt es in der SPD, eines der Probleme, warum zum geplanten Abschluss der Koalitionsverhandlungen am Mittwoch womöglich die Namen der Sozialdemokraten in der Regierung noch nicht bekanntgegeben werden könnten.

„Die NRW-Frage ist noch nicht gelöst“, sagte am Montag einer aus der SPD. Ebenso wenig habe SPD-Chef Sigmar Gabriel klargemacht, welches Ressort er für sich anstrebe.

Weder über Ministeriumszuschnitte noch deren Besetzung sei entschieden, wurde aus der SPD beteuert. „Wenn man das Finanzministerium nicht nimmt, muss der Preis für die Union hoch sein. Dann muss Außen zu uns“, sagte ein Genosse aus der Führungsriege.

Als Wunschressorts für die SPD gelten auch Arbeit und Soziales sowie Familien und Frauen. Von SPD-Chef Gabriel wird in der Partei vermutet, dass er für sich gerne die Zuständigkeit für Wirtschaft und Energie als neues Ressort zurechtschnitte.

Dass die Union das Verkehrsressort als großen Investitionsetat hergeben könnte, wird offenbar nicht erwartet. Da auch das Innenministerium CSU-geführt bleiben könnte, kämen für die SPD noch Justiz und Entwicklungshilfe hinzu.

Die Spekulationen um die Zukunft von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wurden durch einen Spiegel-Bericht befeuert, wonach der jetzige Fraktionschef als Außenminister „gesetzt“ sei. Aus der SPD verlautet dazu, Steinmeier könne sich beides vorstellen - Fraktionschef bleiben oder wieder Außenminister werden.

Einer aus der SPD sagte, Steinmeier werde aus dem Auswärtigen Amt regelrecht umworben, an seine Wirkungsstätte von 2005 bis 2009 zurückzukehren. An anderer Stelle wurde davon ausgegangen, dass Steinmeier sich noch nicht entschieden haben könne - weil die Aufstellung insgesamt noch unklar sei.

So sei nicht gelöst, wen Nordrhein-Westfalen ins Kabinett schicken könne. Im Gespräch sei Michael Groschek: Der 56-Jährige ist seit eineinhalb Jahren Bau- und Verkehrsminister in Düsseldorf. Damit scheidet er fast auch schon wieder aus, weil diese Zuständigkeiten in einer großen Koalition wohl nicht an die SPD gingen. Auch der Name von SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks fällt: Die 61-jährige langjährige Finanz-Staatssekretärin ist im niederrheinischen Kleve geboren.

Für Frauen und Familien galt Vizeparteichefin Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern als gesetzt. Schwesig sei sich dessen aber nicht mehr sicher, hieß es in der SPD. Damit sei zu erklären, dass sie es auf Fachebene in den Koalitionsverhandlungen habe knallen lassen, als es um das Adoptionsrecht für Homosexuelle und den Fortgang der Verhandlungen in der Arbeitsgruppe ging - um kurz darauf eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte als Erfolg der SPD zu verkünden.

Sollte Steinmeier ins Kabinett wechseln, wäre die Spitze der Fraktion verwaist. „Gabriel muss als Parteichef ins Kabinett“ - mit diesen Worten schloss ein SPD-Stratege aus, dass der Parteichef auch die Fraktionsspitze übernehmen könnte. Für Gabriel sei es mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 wichtig, als Vizekanzler auf Augenhöhe mit Merkel zu agieren und seine Popularität aufzuwerten. Dies sei eher im Kabinett als an der Spitze der Fraktion möglich.

Als Alternativen zu Steinmeier an der Spitze der Fraktion sind daher Thomas Oppermann und Andrea Nahles im Gespräch. Beide zieht es jedoch ins Kabinett, den 59-jährigen bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer wohl noch mehr als die 43-jährige Generalsekretärin.

Für Oppermann wäre es womöglich die letzte Chance auf ein Ministeramt in der Bundesregierung. Sein Wunschressort bliebe ihm allerdings wahrscheinlich vorenthalten, weil die CSU am Innenministerium festhält. Nahles dagegen strebt an die Spitze des Arbeits- und Sozialministeriums - das sicher unter SPD-Führung gelangt.

So könnte Oppermann am Ende an die Fraktionsspitze rücken. Für Nahles allerdings spräche, dass die Frauen in der SPD Druck machen, dass eine der ihren eine Führungsposition in Partei oder Fraktion bekleiden müsse.

Einen leichten Stand hätten in der Fraktion beide nicht: Oppermann und Nahles sind nicht populär, überwältigende Mehrheiten bekämen sie in der Fraktion nach SPD-Einschätzung nicht.

Dass Nahles nicht Generalsekretärin bleiben will und wird, gilt als ausgemacht. Ihren wichtigen Posten in der Partei könnte Schleswig-Holsteins Landeschef Ralf Stegner einnehmen, dem in der SPD Interesse an einem Wechsel nach Berlin nachgesagt wird.

In Medienberichten wird dafür aber auch Doris Ahnen gehandelt. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin ist in der SPD immer wieder für höhere Ämter im Gespräch gewesen. Bei der Wiederwahl in den Parteivorstand erzielte sie auf dem Parteitag jüngst im ersten Durchgang das beste Ergebnis.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...