Politik

Korruptionsskandal in der Türkei: Drei Minister werfen das Handtuch

Nicht nur innerhalb der türkischen Polizei, auch im Kabinett gibt es nun erste personelle Konsequenzen. Gut eine Woche nach Beginn der Verhaftungswelle, haben sowohl der türkische Innenminister als auch der Wirtschaftsminister ihren Rücktritt erklärt. Wenig später folgte ihnen Umweltminister Erdoğan Bayraktar nach. Vor acht Tage waren ihrer Söhne wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen worden.
25.12.2013 13:29
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der türkische Wirtschaftsminister Zafer Cağlayan, Innenminister Muammer Güler sowie Umweltminister Erdoğan Bayraktar haben am Mittwoch ihre Posten geräumt. Noch am Wochenende hatten Erstere die gegen sie und ihre Söhne erhobenen Vorwürfe bestritten. Dass sie zum einem Rücktritt bereit seien, sollen beide bereits signalisiert haben. Mittlerweile hat auch Präsident Abdullah Gül erstmals sein Schweigen gebrochen. Er baut auf völlige Transparenz und das richtige Handeln der türkischen Justiz.

Zafer Cağlayans Sohn Salih Kaan befand sich im Kreis der 24 Personen, die im Zuge von Polizeirazzien am 17. Dezember verhaftet wurden. „Ich bin von meinem Posten als Wirtschaftsminister zurückgetreten, um der Wahrheit ans Licht zu helfen“, zitiert die türkische Zeitung Zaman den nun abgetretenen Minister. Gleichzeitig wolle er diese „hässliche Verschwörung“, die sein Kind und seine engen Arbeitskollegen betreffe, vereiteln. „Es ist offensichtlich, dass die am 17. Dezember durchgeführte Operation eine schmutzige Falle gegen unsere Partei und unsere Regierung ist.“ Çağlayans Ankündigung kam nur Stunden nach seiner Rückkehr aus Pakistan, wohin er Premier Recep Tayyip Erdoğan begleitet hatte.

Kein Beweis: Inoffizielles Abhören von Telefongesprächen

Innenminister Muammer Güler hatte bereits erklärt, dass sein Sohn Barış Güler wegen des Verdachts auf Vermittlung einer Bestechung verhaftet worden war. Auf einer Kulturpreisverleihung am Dienstag in Ankara stellte auch er sich hinter seinen Sohn und bezeichnete dessen Verhaftung als nicht rechtmäßig. „Mein Sohn wurde nicht wegen organisiertem Verbrechen festgenommen. Er wurde wegen der Vermittlung einer Bestechung verhaftet. Gemäß einem Beschluss der Mitgliederversammlung des Obersten Berufungsgericht gibt es dafür keine rechtliche Grundlage.“ Die Person, die der Vermittlung beschuldigt werde, müsse ein Beamter sein. Das sei jedoch er und nicht sein Sohn. Gleichzeitig stellte er heraus, dass jedes inoffiziell abgehörte Telefongespräch kein gültiges Beweismaterial darstelle. Bereits am 17. Dezember habe er Premier Erdoğan mündlich über sein Rücktrittsgesuch informiert, so die türkische Hürriyet. Nun sei das in schriftlicher Form erfolgt.

Über Tage hatten sich der türkische Innenminister Muammer Güler und Wirtschaftsminister Zafer Çağlayan zu den gegen sie und ihre Söhne Barış Güler und Kaan Çağlayan erhobenen Vorwürfen ausgeschwiegen. Am Sonntag wandten sie sich dann entschieden gegen derartige Behauptungen. Dennoch signalisierte Güler bereits hier öffentlich, seinen Posten zur Verfügung stellen zu wollen. Ein Schuldeingeständnis sollte das allerdings nicht sein. AKP-Sprecher Hüseyin Çelik zufolge, sollen alle Minister, deren Namen in der laufenden Untersuchung öffentlich gefallen seien, bereits am ersten Tag ihr Rücktrittsgesuch an den Premier übergeben haben.

Nur Stunden nach Bekanntwerden ihres Rücktritts, zog  Umweltminister Erdoğan Bayraktar nach. Er erklärte nicht nur seinen Rücktritt vom Kabinett, sondern fordert zudem den Rückzug von Premier Recep Tayyip Erdoğan. Das berichtet die Zeitung Hürriyet. Bayraktar zufolge, seien die meisten Änderungen in den Bauplänen mit dem Wissen des Premiers gemacht worden. Ganz freiwillig will er seinen Posten aber nicht geräumt haben: „Dass ich unter Druck gesetzt wurde, kann ich nicht akzeptieren. Ein Rücktrittsschreiben und eine Erklärung wurden uns heute zugesendet. Ich halte das in einer solchen Situation für falsch“, so Bayraktar bei NTV. Auch Bayraktars Sohn war im Zuge der Ermittlungen verhaftet worden.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Gül: Urteile sind Sache der Justiz

Am Dienstag meldete sich erstmals auch der türkische Präsident Abdullah Gül zu Wort. Er signalisierte völlige Transparenz. Die Türkei sei kein Land, indem solche Fehler vertuscht werden könnten. „In den vergangenen zehn Jahren sind in der Türkei große Reformen umgesetzt worden“, so Gül vor Reportern in Ankara. Die Türkei sei nicht das gleiche Land wie vor 15 oder 20 Jahren. Die aktuell erhobenen Vorwürfe seien Sache der Justiz. „Jeder sollte auf das Gerichtsverfahren warten, wo die Wahrheit herauskommen sollte. Ich glaube, dass die Gerichte zu einem Ergebnis kommen werden und das auf dem korrektesten aller möglichen Wege.“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...