Deutschland

Neue Kaufhaus-Chefin Sjöstedt: „Karstadt ist nicht profitabel“

Die neue Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt ist besorgt über den Zustand des Unternehmens: Karstadt sei nicht profitabel, das müsse sich schnell ändern. Anders als der Heilsbringer Nicolas Berggruen interessiert sich die Schwedin jedoch für das operative Geschäft, und hat sich zum Kennenlernen schon als Verkäuferin in in der Kölner Filiale des Kaufhaus-Konzerns betätigt. Dennoch deutet alles auf einen baldigen Verkauf der Reste von Karstadt hin.
03.01.2014 17:36
Lesezeit: 2 min

Die designierte Chefin der Karstadt-Warenhäuser will beim Umbau des angeschlagenen Konzerns aufs Tempo drücken. "Karstadt ist derzeit nicht profitabel", sagte Eva-Lotta Sjöstedt am Freitag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Und das muss sich schnell ändern", betonte sie. Vor allem die Online-Aktivitäten des Kaufhof -Konkurrenten will die Schwedin ausbauen. Zugleich will sie das Geschäft stärker auf die lokale Nachfrage der Kunden ausrichten - sie hebt etwa die Karnevals-Abteilung in Köln lobend hervor. Offiziell erst ab Ende Februar im Amt, reist die ehemalige Ikea-Managerin derzeit durch die ganze Republik, um sich vor Ort ein Bild von den Karstadt-Warenhäusern und ihrem Geschäft zu machen.

Offenbar bereitet der in Deutschland als Heilsbringer begrüßte Investor Nicolas Berggruen den Verkauf von Karstadt vor. Die Mehrheit an den Luxushäusern, wie dem Berliner KaDeWe, und den Sportgeschäften hat Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen bereits für 300 Millionen Euro an den österreichischen Investor Rene Benko veräußert (hier). Sjöstedt wollte sich zu Verkaufs-Spekulationen nicht äußern. Ihre Aufgabe sei aber das operative Geschäft: "Alles andere ist Sache der Eigner."

Berggruen hat bis auf 1€ Kaufpreis bisher kein eigenes Geld in das Unternehmen gesteckt (hier). Er hatte zwar angekündigt, dass der Verkaufserlös der Luxussparte wieder in das Unternehmen fließen werde. Es ist jedoch noch unklar, ob nicht doch ein Teil des Geldes in das verzweigte Netzwerk von Bergguen fließt.

Sjöstedts Mission besteht nun darin, die Braut schön zu machen - um den Eignern mit dem Verkauf einen vernünftigen Ertrag zu sichern.

"Ich werde deutschlandweit Filialen besuchen", kündigte Sjöstedt an, während sie Kunden in der Beauty-Abteilung der Kölner Kartstadt-Filiale in der Breiten Strasse an der Kasse bediente. Der Kontakt zu den Kunden und zu den Mitarbeitern, die bei Karstadt schon Einiges einstecken mussten, sei ihr sehr wichtig. "Bei den Mitarbeitern setze ich auf Motivation. Wir alle wollen den Erfolg." Sie betonte zugleich: "Wir müssen schneller werden, wir müssen uns stärker an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten." Filialen in Essen, Düsseldorf, Fulda und Münster habe sie bereits besucht - und dort auch mitgearbeitet. Dies ist auch ein Signal an die Mitarbeiter: "Ich trete für flache Hierarchien ein."

Ihren Ehemann und ihre 16-jährige Tochter hat sie vorerst in Kopenhagen zurückgelassen. Sie selbst ziehe nach Essen - dort befindet sich die Karstadt-Zentrale: "Ich möchte lange bei Karstadt bleiben." Wenn sie sich eingelebt habe, dann sollten die beiden nachkommen nach Deutschland. Zum Glück, so erzählte sie, brauche der Flieger nur eine Stunde. Ihre beiden Söhne studierten und leben nicht mehr zuhause.

Andrew Jennings war zum Jahresende als Karstadt-Chef ausgeschieden. Seine Berufung Anfang 2011 war damals kritisiert worden - er kenne den von Preiskämpfen und einem erbitterten Wettbewerb gekennzeichneten deutschen Markt zu wenig, hatte es etwa im Lager der Arbeitnehmer geheißen. Zudem sprach Jennings kaum deutsch, was vielen ein Dorn im Auge war. Auch für Sjöstedt, die für Ikea unter anderem schon in Japan tätig war, ist der deutsche Markt Neuland. Bei Ikea arbeitete sie indes auch an der Verknüpfung von Online- und Filialgeschäft - eine Erfahrung, die sie nun bei Karstadt nutzen will. Andere Händler wie etwa die Douglas-Parfümerien oder die Elektronikkette Media-Saturn setzen bereits auf die enge Verzahnung von Internet-Shops und Filialen.

Eine fertige Strategie hat Sjöstedt noch nicht, ließ sich aber schon ein wenig in die Karten schauen. Sie möchte den lokalen Charakter der einzelnen Häuser ausbauen sowie das Online-Geschäft noch viel enger mit dem stationären Geschäft verknüpfen, kündigte sie an: "Da sind wir noch längst nicht da, wo wir sein sollten." Sparten, die gut laufen - wie derzeit in Köln Dessous oder Strümpfe - sollen erhalten bleiben, andere wird sie auf den Prüfstand stellen. "Karstadt ist viel mehr als Mode", fügte sie mit Blick auf ihren Vorgänger hinzu, der stark auf diesen Bereich setzte.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...