Finanzen

Deutschland verliert an Einfluss in der Europäischen Zentralbank

In der EZB wird künftig ein Franzose als Außenminister für die Bank sprechen. Bisher war das der Deutsche Jörg Asmussen, dem man die Position gegeben hatte, nachdem Deutschland die Position des Chefvolkswirts genommen hatte. Die neue Deutsche, Sabine Lautenschläger, bringt unter Zentralbankern wenig Gewicht auf die Waage.
04.02.2014 18:33
Lesezeit: 2 min

Die Franzosen sind die großen Sieger des jüngsten Umbaus in der Europäischen Zentralbank - die Deutschen die klaren Verlierer.

Benoit Coeuré bekommt nach dem Umbau im mächtigen EZB-Direktorium mehr Einfluss. Der jüngste der sechs EZB-Direktoren wird künftig auch für den wichtigen Bereich "Internationale und europäische Beziehungen" verantwortlich sein, teilte die EZB am Dienstag in Frankfurt mit. Er ist damit Nachfolger von Jörg Asmussen als "Außenminister" der Europäischen Zentralbank (EZB).

Nun hat Asmussen zwar als Außenminister von Draghi nichts anderes getan und gesagt als Draghi auch und insofern die deutsche Position nicht vertreten. Doch rein theoretisch hätte die massive Politik des Gelddruckens, die die EZB nunmehr seit Jahren verfolgt, bei einem deutschen Vertreter wenigstens das Gefühl auslösen müssen, dass er "contre coeur" spricht. Coeuré dagegen wird dafür sorgen, dass die französische Linie in Europa mehr Beachtung findet: Die bestand, was die Geldpolitik betrifft, im in Inflation und Währungsreformen - um die Schuldenpolitik der Regierungen in Paris zu unterstützen.

Coeuré behält dabei die Hoheit über den Bereich "Marktoperationen", ist also weiterhin für die konkrete Umsetzung der Geldpolitik zuständig.

Asmussens deutsche Nachfolgerin Sabine Lautenschläger wird künftig im EZB-Direktorium erwartungsgemäß für die Aufsicht über die Banken in der Euro-Zone zuständig sein. Die 49-jährige frühere Vizepräsidentin der Bundesbank ist international geschätzt, gilt jedoch nicht als besonders einflussreich. Sie will nun gemeinsam mit der Französin Daniele Nouy die unter dem Dach der EZB entstehende Aufsicht über die Banken der Euro-Zone aufbauen und leiten. Formal ist Nouy die Vorsitzende des Gremiums, Lautenschläger ihre Stellvertreterin.

Das Problem der Bankenaufsicht in Europa: Sie ist ein bürokratisches Monster, eine Totgeburt, viel zu kompliziert und wird daher immer erst Alarm schlagen können, wenn es zu spät ist.

EZB-Chefvolkswirt bleibt der Belgier Peter Praet. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio verliert zwar seine bisherige Zuständigkeit für den Aufbau der Bankenaufsicht an Lautenschläger, ist aber weiterhin für den wichtigen Bereich Finanzstabilität verantwortlich.

Ein Belgier als Chefvolkswirt und ein Portugiese als Mann der Finanzstabilität - das hat schon was.

EZB-Präsident Mario Draghi behält neben seinen Repräsentationsaufgaben und der Leitung der Sitzungen des für die Geldpolitik entscheidenden EZB-Rats das Ressort Kommunikation. Der Luxemburger Yves Mersch bleibt zuständig für Banknoten und Risikomanagement. Mersch ist ein wichtiger Mann: Er wurde von Jean-Claude Juncker in das Direktorium hineinreklamiert. Luxemburg ist das El Dorado der Banken. Sie versprechen sich von der möglichen Ernennung Junckers zum EU-Kommissionspräsidenten eine berechenbare Linie von EU und EZB.

Das EZB-Direktorium ist seit Gründung der EZB auch Spielball nationaler Interessen und Machtspiele. Seit Mitte 1998 gehören dem Führungsteam der EZB stets je ein Vertreter aus Deutschland, Frankreich und Italien an. Für Deutschland waren vor Asmussen die beiden früheren Chefökonomen Otmar Issing und Jürgen Stark dort vertreten. Dass Draghi nach dem Rücktritt Starks mit Peter Praet erstmals einen nicht von Deutschland entsandten Chefökonomen berief, hatte noch für einen Aufschrei gesorgt.

Nun, da die Deutschen in der EZB zur Bedeutungslosigkeit degradiert sind, herrscht Schweigen in Berlin.

Jedenfalls fehlen der EZB die kritischen Stimmen der Deutschen.

Man wird ihr Fehlen auch bald in Europa bemerken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel trotz Zuwanderung: Warum gibt es aktuell fast 3 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss?
19.05.2025

Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen Berufsabschluss – das zeigt der aktuelle Berufsbildungsbericht. Tendenz...

DWN
Politik
Politik Abschaffung des Acht-Stunden-Arbeitstag: Merz plant, die Deutschen zu mehr Arbeit zu motivieren
19.05.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Was eine Änderung des deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor dem Kassensturz: Schuldenkollaps rückt näher - was bedeutet das für die globale Wirtschaft?
19.05.2025

Die USA taumeln auf einen finanziellen Abgrund zu: Moody’s entzieht der Supermacht das Top-Rating, Investoren fliehen, und der Kongress...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis steigt nach US-Herabstufung: Wie Anleger jetzt reagieren sollten
19.05.2025

Der Goldpreis zieht nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit spürbar an. Was bedeutet das für Anleger? Droht eine neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Kurs zwischen EU und London
19.05.2025

Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich EU und Großbritannien wieder an – doch nicht ohne Reibung. Was bedeutet das für Handel,...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China dreht der Welt den Rohstoffhahn zu - Industrie droht der Stillstand
19.05.2025

Mitten im geopolitischen Machtpoker nutzt China seine Dominanz bei seltenen Erden als Waffe – und bringt westliche Industrien ins Wanken....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Innere Kündigung: Frühzeitig erkennen und wirksam handeln
19.05.2025

Eine Kündigung kommt in der Regel nicht einfach aus dem Nichts. Oft zeigen Mitarbeiter Anzeichen dafür, dass sie das Unternehmen...