Deutschland

Gauck: Deutschland stirbt aus, die Inder sollen kommen

Lesezeit: 2 min
09.02.2014 12:34
Bundespräsident Joachim Gauck hat die Inder aufgerufen, nach Deutschland zu kommen, um das aussterbende Land zu besiedeln. Er „freue“ sich bereits „auf Menschen aus anderen Teilen der Welt“. Gauck beweist, dass die alten Eliten im Grunde wie Kolonialisten denken.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundespräsident Joachim Gauck ist ein großer Fan des Finanz-Kapitalismus (das hat er hier schon deutlich bewiesen). Auf einer Reise nach Indien, die Gauck mit seiner Lebensgefährtin angetreten hat, bestätigte er erneut, dass das Denken der alten Finanz-Eliten im Grunde kolonialistisch ist. Ein Land wird nicht als Heimat und traditioneller Kulturraum für ein Volk gesehen, sondern als „Platz“ für „Arbeitskräfte“.

Gauck sagte nämlich bei einem Besuch einer indischen Schule, dass die Deutschen aussterben; die Bevölkerung schrumpfe, weil viele Familien wie die Chinesen leben (Ein-Kind-Politik) oder ganz auf Kinder verzichten. Gaucks Kurzschluss: „Deshalb warten wir auch auf Menschen aus anderen Teilen der Welt, die bei uns leben und arbeiten wollen. Darauf freuen wir uns schon.“ Gauck: „Wir haben Platz in Deutschland“.

Gauck räumte ein, dass es günstig wäre, zu diesem Zweck die Landessprache zu sprechen, schränkte jedoch ein: „Deutsch ist eine Sprache, die nicht jedem leicht fällt, auch nicht jedem, der in Deutschland wohnt.“

Vielleicht hängt es mit Gaucks eigener, etwas unsteter Vergangenheit zusammen: Gauck verkennt die Bedeutung der kulturellen Verwurzelung – gerade auch der Inder. Die Inder sind eine global sehr flexible Gesellschaft, weil sie Englisch quasi als Zweitsprache sprechen und sich daher in den englischsprachigen Gesellschaften wohl fühlen und behaupten konnten. Das gilt für die USA, für Großbritannien und Australien. In Deutschland ist die indische Community traditionell sehr klein, es gibt einfach keine Tradition für Inder, nach Deutschland einzuwandern. Das hatte sich seinerzeit schon gezeigt, als Gerhard Schröder mit großem Pomp die Blue-Card einführen wollte.

Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass im Jahr 2012 gerade mal 60.000 Inder in Deutschland lebten.

Abgesehen davon, dass die Inder traditionell nicht nach Deutschland wollen, ist der Trend der indischen Migration weltweit längst rückläufig: Viele Inder bleiben in Indien, und arbeiten in innovativen Software-Bereichen aus Indien. Denn im Internet ist es nicht mehr nötig, in ein wildfremdes Land auszuwandern, um als Programmierer zu arbeiten. Die Inder sind sehr familienbezogen, oft geht der ganze Clan mit, um einem talentierten Kind die Ausbildung anderswo zu ermöglichen. Aber natürlich würde viele lieber zu Hause leben und arbeiten - solche Umzüge sind alles andere als das reine Vergnügen.

Die Idee Gaucks, die aussterbenden Deutschen durch Inder ersetzen zu wollen, nur weil in Deutschland geographisch „Platz“ sei, unterstützt dagegen eine neokolonialistische Philosophie, wie sie in der Hyperglobalisierung immer massiver um sich greift: Der Mensch ist eine Arbeitsmaschine, er soll Familie, Heimat, Kultur aufgeben – um dorthin zu wandern, wo ihm die globalen Konzerne Arbeit verschaffen.

Die Auswüchse dieses Denkens kann man in Katar beobachten (hier), wo diese Hyperglobalisierung zu nichts anderem als Lohndumping und Sklaverei geführt hat.

Vielleicht könnte sich Gauck auch einmal mit der Frage beschäftigen, warum die Deutschen aussterben. Eine extrem materialistische Politik hat dazu geführt, dass es heute in Deutschland wirtschaftlich fast ein Luxus ist, Kinder haben zu wollen: Viele Deutsche müssen zwei Jobs ausfüllen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Die finanziellen Belastungen, die junge Familien heute tragen müssen, um das Fortkommen ihrer Kinder zu sichern, sind extrem. Die Gesellschaft ist kinderfeindlich, die Steuern hoch, Kindergeld und Freibeträge bestenfalls symbolisch.

Würde Gauck zu diesem Thema seine Sonntagsreden schwingen, wäre es für den Steuerzahler billiger - warum muss Gauck in Indien als Missionar in deutscher Sache auftreten?

So aber erweckt Gaucks Naivität den Eindruck, er wolle um jeden Preis zur fünften Kolonne eines inhumanen Funktionalismus gehören.

Dieses System ist eine Diktatur der Funktionäre.

Es reduziert den Menschen auf den Produktions-Faktor.

Heimat auf einen leeren Ort

Familie, Kultur, Geschichte auf leere Hülsen.

Die Hyperglobalisierung, die Gauck predigt, ist die Religion der vaterlandslosen Gesellen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...