Politik

Ukraine: 25 Tote bei Bürgerkrieg in Kiew

In Kiew hat sich die Lage deutlich verschärft. Sicherheitskräfte stürmten in der Nacht auf Mittwoch den von Demonstranten besetzten Unabhängigkeits-Platz. Es kam zu massiven Straßenschlachten.
18.02.2014 22:19
Lesezeit: 2 min

Update: Bei den jüngsten Zusammenstößen in der Ukraine ist die Zahl der Toten nach offiziellen Angaben auf 25 gestiegen. Darunter seien neun Polizisten, teilte das Gesundheitsministerium Mittwochmorgen mit.

Die meisten Opfer starben durch Schusswunden, wie Vertreter von Behörden und Opposition erklärten. Hunderte Menschen erlitten Verletzungen. Damit handelt es sich um den blutigsten Tag in der Geschichte des Landes: Seit Beginn der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik vor mehr als 20 Jahren sind noch nie so viele Menschen durch Gewalt an einem Tag ums Leben gekommen.

Nach Tagen relativer Ruhe ist die Ukraine vom schwersten Gewaltausbruch seit dem Beginn der Proteste gegen Präsident Viktor Janukowitsch erschüttert worden. Die Sicherheitskräfte gingen mit Blendgranaten, Gummigeschossen und Wasserwerfern vor, Regierungsgegner warfen Brandsätze und Steine. Die Zusammenstöße gingen auch in der Nacht weiter. Oppositionsführer Vitali Klitschko rief Kinder und Frauen dazu auf, den besetzten, symbolträchtigen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) im Zentrum der Hauptstadt zu verlassen. Kurz vor Mitternacht fuhr er seiner Sprecherin zufolge zu Gesprächen mit Janukowitsch ins Präsidialamt. Die Eskalation löste weltweit Besorgnis aus.

Bei den seit drei Monaten anhaltenden Protesten in Kiew hatte sich zuletzt eine Entspannung abgezeichnet. Am Morgen eskalierte die Lage jedoch, als Demonstranten an einer Polizei-Barriere auf dem Weg zum Parlament gestoppt wurden. Sie warfen daraufhin Steine und setzten Autos in Brand. Sicherheitskräfte versuchte, die Menge mit Gummigeschossen und Rauchgranaten auseinanderzutreiben. Die Regierung setzte den Demonstranten eine Frist bis zum Nachmittag, um "die Aufruhr" zu beenden. Ansonsten würden "harte Maßnahmen" ergriffen.

Am späten Abend stiegen vom Maidan Rauchsäulen von brennenden Barrikaden in den Himmel. Die Demonstranten legten Feuerteppiche, um ein Vorrücken der Polizei zu verhindern. Zwei gepanzerte Fahrzeuge fuhren in Richtung Maidan. Sie wurden von Demonstranten mit Brandsätzen beworfen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Demonstranten Steine auf Polizisten warfen, die ihrerseits Schlagstöcke einsetzten. Wasserwerfer wurden mit Feuerwerkskörpern beschossen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von bestürzenden Nachrichten aus der Ukraine und erklärte, die Sicherheitskräfte des Landes trügen eine besondere Verantwortung für eine Deeskalation der Lage. Europa werde "mit Sicherheit" ihre bisherige Zurückhaltung zu Sanktionen gegen Einzelpersonen überdenken.

EU-Erweiterungskommissar Stefan Fuele erklärte in Brüssel, er sei besorgt über die Bilder aus Kiew von Polizisten, die Kalaschnikow-Sturmgewehre trügen. Er habe deswegen mit dem amtierenden Ministerpräsidenten telefoniert. "Er hat mir versichert, dass er und die Behörden alles tun werden, damit diese Waffen weiter schweigen", sagte Fuele. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief beide Seiten auf, die Krise rasch zu beenden. Die USA verurteilten die Gewalt.

Die russische Regierung warf dem Westen vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Diese sei ein direktes Resultat der Duldung des aggressiven Vorgehens radikaler Kräfte durch westliche Politiker.

Parlamentspräsident Wolodimir Ribak hatte zunächst erklärt, Janukowitsch werde sich am Mittwoch mit führenden Vertretern der Regierungsgegner treffen. Klitschkos Sprecherin sagte jedoch bereits am späten Abend, der Ex-Boxer sei zu Gesprächen am Amtsitz des Präsidenten eingetroffen. Frühere Treffen von Janukowitsch und Spitzen der Opposition waren ohne greifbares Ergebnis geblieben. Seit Monaten protestieren Zehntausende gegen die pro-russische Politik Janukowitschs. Sie fordern eine engere Anbindung des Landes an die Europäische Union.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...