Politik

Gauck ruft Griechen zum Durchhalten auf, warnt vor „Schwarzmalern“

Bundespräsident Gauck lobt die Griechen, weil sie Ruhe und Ordnung bewahrt haben. Im Unterschied zu den Indern erhielten die Griechen keine pauschale Einladung, nach Deutschland zu kommen.
06.03.2014 16:42
Lesezeit: 2 min

Bundespräsident Gauck hat die Griechen ermuntert, den „Transformationsprozess“ unbeirrt zu Ende zu gehen. Tags zuvor wurde die Zahlen dieses Prozesses veröffentlicht: Löhne durchschnittlich minus 25,2 Prozent, 34,6 Prozent von Armut bedroht, in den vergangenen vier Jahren Verlust von 904.200 Arbeitsplätzen.

Bundespräsident Joachim Gauck hat Griechenland aufgerufen, trotz der harten sozialen und wirtschaftlichen Einschnitte am Reformkurs festzuhalten. „Transformationsprozesse sind immer und überall auch begleitet von Ängsten und Misstrauen“, sagte Gauck am Donnerstag bei seinem Staatsbesuch in Athen laut Redetext. In solchen Phasen könnten "Schwarzmaler" und "Populisten" an öffentlichem Einfluss gewinnen. Aber manchmal dauere ein Gesundungsprozess länger als erhofft. Er rechne damit, dass ein „reformbereites Griechenland auch dann europäische Solidarität“ erhalte, sagte Gauck.

Wohin die „Reformen“ Griechenland geführt haben, hatten tags zuvor die „Schwarzmaler“ und „Populisten“ der Griechischen Bank mit nackten Zahlen beschrieben, wie der Griechenlandblog berichtet:

Zwischen 2009 – 2013 gingen 904.200 Arbeitsplätze verloren (-19,9%). Gemäß den Daten der IKA stellten ungefähr 75.600 Unternehmen (30% der Unternehmen) ihre Aktivität ein. die am meisten betroffenen Berufsgruppen sind: ungelernte Arbeiter, Verkäufer, Maschinenführer und Bürokräfte.

Zwischen 2010 – 2013 sanken die realen durchschnittlichen Bruttobezüge summarisch um 25,2% und die Mindestbezüge um 19,9%. Die Prognose der Griechischen Bank ist, dass 2013 die durchschnittlichen Bezüge um 7,4% und 2014 um 1,5% sanken bzw. sinken werden.

Der Anteil der Bevölkerung Griechenlands, die entweder von Armut bedroht ist oder sich im Zustand der sozialen Ausgrenzung befindet (Personen, die unter materiellen Entbehrungen leben, oder Haushalte mit niedriger Arbeitsintensivität), belief sich 2012 auf 34,6% (3.795.100 Personen) und liegt über der EU-28 (25,1%).

Wie aus den verfügbaren Daten hervorgeht, stiegen für Griechenland alle Indizes der Gefahr relativer Armut während der ersten drei Jahre der gegenwärtigen Krise signifikant an. Tatsächlich nahm der Anteil der relativen Armut um 17,3% zu, die Kluft der Armut wuchs um 24,1% an und die Gefahr der Armut oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung stieg um 25,4% an (Vergleiche 2008 – 2011).

Die problematischen Kredite haben sich innerhalb der letzten fünf Jahre versechsfacht. Im September 2013 wurde fast einer von drei Krediten (31,2% bzw. 70 Mrd. Euro) nicht bedient, gegenüber 5,1% im Dezember 2008.

Gauck legte jedoch Wert auf die Feststellung, dass die Griechen trotz dieser schwarzen Realität Ruhe und Ordnung bewahrt hätten und lobt das Volk, dass sich „Chaos und Anarchie haben sich auch in heiklen Phasen nicht ausgebreitet"“ hätten.

Die Arbeit der Troika lobt der Pastor. Das Wirken von EZB, IWF und EU-Kommission zeige „wechselseitig Solidarität in einer Art, die in der Geschichte Europas und überhaupt in den internationalen Beziehungen kein Vorbild kennt“.

Gauck: „Die Regeln für den Ausweg aus der Krise sind keine Willkür und erst recht kein ,Diktat‘ von außenstehenden Akteuren“.

Weil die Krise also in Griechenland nur innenpolitisch gelöst werden könne, verzichtete Gauck darauf, die Griechen nach Deutschland einzuladen.

Der Bevölkerung Indiens hatte Gauck noch vor wenigen Wochen zugerufen, dass er sich freue, wenn sie möglichst zahlreich kommen (mehr dazu hier).

Deutsche Einladungen an Gastarbeiter nehmen proportional zur Entfernung des Heimatlandes an Herzlichkeit zu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...