Bundespräsident Gauck hat die Griechen ermuntert, den „Transformationsprozess“ unbeirrt zu Ende zu gehen. Tags zuvor wurde die Zahlen dieses Prozesses veröffentlicht: Löhne durchschnittlich minus 25,2 Prozent, 34,6 Prozent von Armut bedroht, in den vergangenen vier Jahren Verlust von 904.200 Arbeitsplätzen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat Griechenland aufgerufen, trotz der harten sozialen und wirtschaftlichen Einschnitte am Reformkurs festzuhalten. „Transformationsprozesse sind immer und überall auch begleitet von Ängsten und Misstrauen“, sagte Gauck am Donnerstag bei seinem Staatsbesuch in Athen laut Redetext. In solchen Phasen könnten "Schwarzmaler" und "Populisten" an öffentlichem Einfluss gewinnen. Aber manchmal dauere ein Gesundungsprozess länger als erhofft. Er rechne damit, dass ein „reformbereites Griechenland auch dann europäische Solidarität“ erhalte, sagte Gauck.
Wohin die „Reformen“ Griechenland geführt haben, hatten tags zuvor die „Schwarzmaler“ und „Populisten“ der Griechischen Bank mit nackten Zahlen beschrieben, wie der Griechenlandblog berichtet:
Zwischen 2009 – 2013 gingen 904.200 Arbeitsplätze verloren (-19,9%). Gemäß den Daten der IKA stellten ungefähr 75.600 Unternehmen (30% der Unternehmen) ihre Aktivität ein. die am meisten betroffenen Berufsgruppen sind: ungelernte Arbeiter, Verkäufer, Maschinenführer und Bürokräfte.
Zwischen 2010 – 2013 sanken die realen durchschnittlichen Bruttobezüge summarisch um 25,2% und die Mindestbezüge um 19,9%. Die Prognose der Griechischen Bank ist, dass 2013 die durchschnittlichen Bezüge um 7,4% und 2014 um 1,5% sanken bzw. sinken werden.
Der Anteil der Bevölkerung Griechenlands, die entweder von Armut bedroht ist oder sich im Zustand der sozialen Ausgrenzung befindet (Personen, die unter materiellen Entbehrungen leben, oder Haushalte mit niedriger Arbeitsintensivität), belief sich 2012 auf 34,6% (3.795.100 Personen) und liegt über der EU-28 (25,1%).
Wie aus den verfügbaren Daten hervorgeht, stiegen für Griechenland alle Indizes der Gefahr relativer Armut während der ersten drei Jahre der gegenwärtigen Krise signifikant an. Tatsächlich nahm der Anteil der relativen Armut um 17,3% zu, die Kluft der Armut wuchs um 24,1% an und die Gefahr der Armut oder der gesellschaftlichen Ausgrenzung stieg um 25,4% an (Vergleiche 2008 – 2011).
Die problematischen Kredite haben sich innerhalb der letzten fünf Jahre versechsfacht. Im September 2013 wurde fast einer von drei Krediten (31,2% bzw. 70 Mrd. Euro) nicht bedient, gegenüber 5,1% im Dezember 2008.
Gauck legte jedoch Wert auf die Feststellung, dass die Griechen trotz dieser schwarzen Realität Ruhe und Ordnung bewahrt hätten und lobt das Volk, dass sich „Chaos und Anarchie haben sich auch in heiklen Phasen nicht ausgebreitet"“ hätten.
Die Arbeit der Troika lobt der Pastor. Das Wirken von EZB, IWF und EU-Kommission zeige „wechselseitig Solidarität in einer Art, die in der Geschichte Europas und überhaupt in den internationalen Beziehungen kein Vorbild kennt“.
Gauck: „Die Regeln für den Ausweg aus der Krise sind keine Willkür und erst recht kein ,Diktat‘ von außenstehenden Akteuren“.
Weil die Krise also in Griechenland nur innenpolitisch gelöst werden könne, verzichtete Gauck darauf, die Griechen nach Deutschland einzuladen.
Der Bevölkerung Indiens hatte Gauck noch vor wenigen Wochen zugerufen, dass er sich freue, wenn sie möglichst zahlreich kommen (mehr dazu hier).
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