Politik

Kompromiss: EU beschließt in Nachtsitzung Bankenunion

Die EU hat sich bei der Bildung einer Bankenunion auf einen einheitlichen Abwicklungsfonds geeinigt. Dieser soll nun innerhalb von acht Jahren stehen. Die Entscheidung fiel offensichtlich aus Sorge, dass das EU-Parlament nach der EU-Wahl die Integration der EU bremsen könnte. Daher wurde ein Kompromiss mit heißer Nadel gestrickt.
20.03.2014 10:18
Lesezeit: 2 min

Unterhändler von EU-Parlament, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Kommission einigten sich nach einer Marathonsitzung am Donnerstagmorgen nach Angaben von Teilnehmern auf einen Kompromiss, der die Schließung maroder Banken künftig einheitlich regeln soll und den Aufbau eines dazugehörigen Abwicklungsfonds innerhalb von acht Jahren vorsieht. Damit gehen die Finanzminister den ein nächster Schritt auf dem Weg zu einer engen wirtschaftlichen Verzahnung.

Die Abwicklung einer maroden Bank ist auch in der nun vorliegenden Fassung sehr kompliziert (viel besser als dieses Diagramm wird es nicht werden).

Tatsächlich können nationalen Regierungen über ihre EU-Kommissare oder Finanzminister mit einem Veto eine Banken-Pleite verhindern. Zumindest aber können die Länder dafür sorgen, dass Schäubles Traum vom Banken-Ende am Wochenende unerfüllt bleibt.

Der Abwicklungsfonds soll nun in acht statt wie bisher geplant in zehn Jahren von den Banken aufgebaut werden, wie es in dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Kompromisspapier heißt. Das gilt sowohl für die Einzahlung als auch für die Vergemeinschaftung der Gelder. Zunächst zahlen die Banken ihre Abgaben in nationale "Kammern" des Fonds. Die Geldhäuser müssen damit in kürzerer Zeit mehr schultern, um die Zielsumme von 55 Milliarden Euro aufzubringen. Wie genau die Gebühren von den Geldhäusern ausgestaltet werden, muss noch von der EU-Kommission und den EU-Finanzministern ausgehandelt werden. Es wird erwartet, dass die Banken diese Gebühren von den Steuern absetzen können - wie zum Beispiel die US-Banken ihre Strafen bei Manipulationen.

Insgesamt ist die Summe von 55 Milliarden Euro viel zu gering für eine echte Banken-Krise in Europa. Die FAZ hatte im August 2013 bereits ermittelt, dass Europas Banken 259 Milliarden Euro an staatlichen "Hilfen" in Anspruch nehmen mussten.

Streit hatte es lange Zeit vor allem darüber gegeben, wer am Ende die Entscheidung treffen soll, dass eine Bank die Pforten schließen muss. Dem nun gefundenen Kompromiss zufolge soll ein solcher Prozess in erster Linie von der EZB-Aufsicht angestoßen werden. Anschließend befasst sich das Steuerungsgremium des Fonds, das sogenannte Board, mit dem Fall. Die EU-Kommission kann das Votum des Boards billigen oder zurückweisen und soll zudem den Ministerrat informieren. Die Abwicklung soll innerhalb von 24 Stunden eingeleitet werden, wenn EU-Kommission und Mitgliedsländer keinen Einspruch erheben. Kritiker hatten moniert, dass vorherige Vorschläge zu kompliziert waren, um im Krisenfall rasch einen tragfähigen Beschluss fassen zu können.

Nach Angaben von Parlamentariern waren die Beratungen zwischen den drei EU-Institutionen die längsten, die es je gegeben hat. Die Unterhändler standen unter Zugzwang, weil das EU-Parlament die Beschlüsse noch verabschieden muss, bevor es Mitte April vor den Europawahlen ein letztes Mal tagt. Neben dem Parlament müssen auch die Mitgliedsländer dem nun gefundenen Kompromiss noch zustimmen.

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