Technologie

Google kann nicht zur Löschung von Daten gezwungen werden

Der Internetkonzern Google muss keine Strafe des EuGH befürchten, wenn er sich dem „Recht auf Vergessen“ widersetzt. Nutzer können laut EuGH bei Google die Löschung ihrer Daten beantragen, sofern sie nicht „für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke notwendig sind“. Doch rechtswirksam durchsetzen können die Nutzer ihre Anträge nicht.
19.05.2014 02:43
Lesezeit: 2 min

Dem Suchmaschinen-Riesen Google drohen wohl keine Strafen seitens des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), sollte er das sogenannte „Recht auf Vergessen“ nicht umsetzen.

„Der Europäische Gerichtshof hat nicht die Befugnis, einen Konzern in diesem Kontext zu bestrafen. Bei Wettbewerbsrecht schon, aber nicht hierbei“, sagte eine anonyme Quelle aus dem höchsten EU-Gericht dem EUobserver. Stattdessen müssten Strafen auf der nationalen Ebene der Mitgliedsstaaten verhängt werden.

Der EuGH urteilte kürzlich, dass Google unter Umständen Verweise auf Internetseiten mit sensiblen persönlichen Daten aus der Ergebnisliste seiner Suchmaschine löschen muss. (mehr hier). Dem Urteil des Luxemburger Gerichts zufolge können Personen „unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung des Links aus der Ergebnisliste erwirken“. Die Entscheidung des EuGH ist entgültig und kann von dem US-Unternehmen auf dem rechtsweg nicht mehr angefochten werden.

Die neue Gesetzgebung hat zur Folge, dass Nutzer ihre Daten aus der Suchmaschine entfernen lassen können, solange es keine rechtlichen Bestimmungen gibt, die eine dauerhafte Speicherung verlangen. So müssen Daten der EU-Regulierung zufolge gespeichert bleiben, wenn sie „für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke notwendig sind“. Insiderberichten zufolge erhielt Google bereits eine regelrechte Flut von Anfragen zur Löschung von Einträgen (hier).

Joe McNamee, Leiter der NGO „European Digital Rights“, verweist darauf, dass Google bereits vor dem Urteil jährlich millionenfach Löschanfragen bearbeitet. So habe der Konzern im letzten Jahr von 235 Millionen Anfragen rund 214 millionen Links aus seiner Suchmaschine entfernt.

„Google entschied sich diese Suchanfragen weltweit zu löschen, obwohl sie nicht Gegenstand von Rechtsverfahren außerhalb der USA waren“, zitiert der EUobserver den Leiter von „European Digital Rights“.

Auf Grundlage rechtlicher Bestimmungen löscht Google bereits Einträge aus seiner Suchmaschine auf nationaler Ebene.

„Es werden beispielsweise Webseiten, die der Volksverhetzung beschuldigt werden, auf Google.de gelöscht, aber sie bleiben auf Google.com erreichbar.“, so McNamee weiter.

Organisationen, welche die Zensur im Internet beobachten, befürchten, dass die neue Gesetzgebung künftig flächendeckend zur Löschung von öffentlichen Einträgen genutzt wird. Ihrer Ansicht nach stellt das Urteil das Recht auf Privatsphäre über das Recht der Öffentlichkeit auf uneingeschränkten Informationszugang.

Der Wikipedia-Gründer Jimmy Whales nannte das Urteil in einem Beitrag der BBC „eine der weitreichensten Internet-Zensurgesetze“, die er je gesehen habe.

„Zu jemandem mit einem peinlichen Foto würden wir nicht sagen, „Pech gehabt!“. Er sollte die Möglichkeit der Schadensbegrenzung bekommen. Doch in diesem speziellen Fall, dem Gonzales-Fall, ging es um öffentliche Einträge“, zitiert der EUobserver Sean Gallagher von der britischen NGO „Index on Censorship“. Das EuGH-Urteil wurde auf Bestreben des Spaniers Mario Costeja Gonzalez zustande gekommen. Er hatte sich bei der Datenschutzbehörde seines Landes über Google beschwert, weil er seine Privatsphäre verletzt sah. Bei Eingabe seines Namens fand er Hinweise über eine Zwangsversteigerung seines Hauses, die 15 Jahre zurücklag.

Vor diesem Hintergrund warnte Gallagher vor den weitreichenden Folgen des Urteils. Es nicht nur die Löschung von beleidigenden und verleumderischen Suchergebnissen, sondern auch die Löschung von Einträgen aus öffentlichen Verzeichnissen. Gonzales selbst könnte dadurch die Löschung des EuGH-Urteils aus der Suchmaschine beantragen, da sein Name darin vorkomme, so Gallagher.

Während Frankreich, Österreich und Irland die Gesetzgebung begrüßten, gaben Deutschland und Spanien zu Bedenken, dass Nutzer die Löschung ihrer Daten mit „betrügerischen Absichten“ im Bereich der Finanzen beantragen könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Schwere Verluste für Irans Regime – Angriffswelle auf Israel
16.06.2025

Israel setzt im eskalierenden Konflikt mit dem Iran gezielte Luftschläge – unter anderem auf strategische Atomanlagen. Auch Irans...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europe 50: Nachhaltige Unternehmen wachsen doppelt so schnell
16.06.2025

Nachhaltigkeit zahlt sich aus: Europas grünste Unternehmen wachsen doppelt so schnell wie ihre Mitbewerber, das zeigt die neue Liste...

DWN
Finanzen
Finanzen Rendite oder Risiko: Warum Anleger heutzutage mehr Angst als Ahnung haben
16.06.2025

Finanzprofis fordern Rekordrenditen, doch die Börse liefert seit Jahren mehr als verlangt. Haben Investoren den Bezug zur Realität...

DWN
Politik
Politik Rechtsrisiko aus Brüssel: EU plant Nachhaltigkeitslockerung – Juristen warnen vor Rechtsbruch
16.06.2025

Die EU will Nachhaltigkeitsauflagen für Unternehmen radikal vereinfachen – doch Juristen schlagen Alarm: Brüssel riskiere einen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mit der Bahn ins Ausland: Wie offen sind Europas Gleise wirklich?
16.06.2025

Internationale Bahnreisen boomen – doch wie grenzenlos ist Europas Schienennetz wirklich? Die Deutsche Bahn baut ihr Angebot aus, doch...

DWN
Technologie
Technologie Saab testet KI-Kampfpilot: Menschliche Piloten unterliegen zunehmend
16.06.2025

Künstliche Intelligenz gewinnt erstmals Luftkämpfe gegen Piloten im Saab Gripen – und das mit realer Bordwaffe. Schweden testet den...

DWN
Finanzen
Finanzen „Banknoten-Paradoxon“: Milliarden unter den Matratzen - Bargeldmenge steigt weiter
15.06.2025

Ungeachtet der stetig abnehmenden Bedeutung von Scheinen und Münzen beim alltäglichen Einkauf steigt die im Umlauf befindliche...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Resilienz als strategischer Imperativ: Carlsberg und Davos-Forum fordern neue Unternehmenslogik
15.06.2025

Krisen, Krieg, KI und Klimawandel: Carlsberg und das Weltwirtschaftsforum rufen Unternehmen auf, Resilienz nicht als Reaktion, sondern als...