Der türkische Premierminister Erdoğan hat bei seinem Auftritt in der Lanxess-Arena auf eine Wutrede verzichtet. Auch die Demonstranten vor der Arena verhielten sich weitgehend friedlich. Er führte keinen Kollisions-Kurs gegen Deutschland. Stattdessen bedankte er sich bei Merkel für ihr Hilfe-Angebot beim Grubenunglück von Soma.
Die Deutsch-Türken ermutigte er zu einer Brückenfunktion zwischen Deutschland und der Türkei. In diesem Zusammenhang sei sowohl Deutsch als auch Türkisch sehr wichtig.
„Vor hundert Jahren fand der 1. Weltkrieg statt. Damals gingen Deutschland und die Türkei eine Schicksals-Gemeinschaft ein. In Gallizien sind türkische Soldaten gestorben. Unsere beiden Länder sind auch angesichts der Einwanderungs-Welle in den 60er und 70er Jahren eine Schicksals-Gemeinschaft eingegangen.“
Doch eine Absage erteilte Erdoğan an eine Assimilation. Integration hingegen sei auch seitens der türkischen Regierung erwünscht. Die Deutsch-Türken seien keine Ausländer und dürfen sich auch nicht so verhalten. Seine Regierung habe auch der Assimilation von Kurden in der Türkei eine Absage erteilt. Das sei die „neue Türkei“.
Massive Kritik übte der Premier an der deutschen Medienlandschaft. Die sei durchweg damit beschäftigt, ihm und anderen Regierungsmitgliedern die Worte im Mund zu verdrehen. Es gäbe Kreise, die die Türkei geringschätzig behandeln. Doch das werde nicht greifen. Sein Land fordere ein Mitspracherecht in der Welt.
Angesichts der EU-Erweiterung wolle die Türkei auch eine Vorreiter-Funktion gegen den Antisemitismus und gegen die Islamophobie spielen. Sein Land sei das „Gegengift“. Europa dürfe keine Angst vor Veränderungen haben. In diesem Zusammenhang zitierte er den Ex-Bundespräsidenten Gustav Heinemann: „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“
Nach Angaben der Nachrichten-Agentur Anadolu hat Erdoğan kurz vor seiner Köln-Reise seinen Berater Yusuf Yerkel entlassen. Yerkel hatte im Zuge der Soma-Demonstrationen auf einen wehrlosen Demonstranten eingetreten.