Politik

EU: Juncker wird neuer Kommissions-Präsident

Lesezeit: 2 min
27.06.2014 16:34
Die Staats- und Regierungschefs haben Jean-Claude Juncker am Freitag für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten nominiert. Die Wahl Junckers durch das EU-Parlament ist für Mitte Juli geplant. Doch die Kritiker des Luxemburgers verstummen nicht.
EU: Juncker wird neuer Kommissions-Präsident

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Staats- und Regierungschefs haben den Luxemburger Jean-Claude Juncker am Freitag für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten nominiert. Dies erklärte Ratspräsident Herman van Rompuy. Die Wahl Junckers durch das EU-Parlament ist für Mitte Juli geplant.

Zuvor hatte sich der britische Premierminister David Cameron gegen die Wahl Junckers gestellt. An dieser Position hat sich bisher nichts geändert (mehr hier).

Doch die Personalquerelen bergen ein tiefer liegendes Problem:

Immer offener wird eingeräumt, dass sich die EU-Institutionen gegenseitig bekämpfen. „Es geht um die Balance zwischen Rat und Parlament“, betonte der Schwede Reinfeldt. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban argwöhnt, dass es sich um ein Komplott der EU-Föderalisten handele, die die Macht weg von den Hauptstädten Richtung EU verschieben wollten. Nicht umsonst bemühten sich die 28 Regierungen in Brüssel deshalb, mit einer „strategischen Agenda“ den Eindruck zu erwecken, der nächsten EU-Kommission und dem neuen Parlament bindende Leitlinien für die künftige EU-Politik vorzugeben - was man im EP eher amüsiert registriert.

Ohnehin gibt man sich in Straßburg derzeit demonstrativ gelassen. „Natürlich ist dies ein Machtkampf“, räumt etwa Rebecca Harms ein, Fraktionsvorsitzende der Grünen im EP. Aber damit werde nur eine Fehlentwicklung der vergangenen Jahre korrigiert, in denen sich die Gewichte viel zu sehr Richtung Rat verschoben hätten: „Barroso galt doch als Puppe Angela Merkels und damit des Rates“, sagte sie zu Reuters. Das Argument, dass das Spitzenkandidaten-Konzept gute Leute für die Spitze der Kommission verhindere, ziehe zudem nicht. „Ich sehe in der Runde der Regierungschefs ehrlich gesagt niemanden, der dies besser könnte als Juncker.“

„Der Einsatz von Spitzenkandidaten war ein erster Schritt zu mehr Demokratie und Transparenz in Europa. Wir müssen die ,Blackbox Europa‘ öffnen“, sagte auch der Fraktionsvorsitzende der EVP im Straßburger Parlament, Manfred Weber. „Es kann kein Zurück zu mehr Entscheidungen in den Hinterzimmern geben.“

Möglicherweise öffnet der Streit nun das Tor zu einer viel grundsätzlicheren Debatte über die Europawahl. „Es kann doch nicht sein, dass der Spitzenkandidat immer als Guerilla-Aktion des EP durchgedrückt wird. Nötig ist ein europäisches Wahlrecht“, forderte Harms. Damit würde es allerdings noch komplizierter. Denn dann wären nicht nur gesamteuropäische Wahllisten nötig. Es würde sich auch die heikle Frage stellen, ob eine Wählerstimme aus dem kleinen Malta wirklich viel mehr zählen darf als eine aus dem großen Mitgliedstaat Deutschland. Die CSU hat hier bereits Korrekturen gefordert.

Harms jedenfalls bleibt gelassen angesichts der Ankündigung der Regierungschefs, bei der nächsten Besetzung des Kommissionspräsidenten wieder den Rat in die führende Rolle zu bringen. „Ich bin gespannt, ob sich in fünf Jahren wirklich eine Parteienfamilie weigern würde, einen Spitzenkandidaten vorzuschlagen, wenn alle anderen dies tun“, sagte die Grünen-Politikerin.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...

DWN
Technologie
Technologie Lithium-Abbau in Deutschland: BGR-Forscher starten Tiefenförderung in der Lüneburger Heide
10.05.2024

Der Weg zu einer nachhaltigen Elektromobilität führt möglicherweise durch die Lüneburger Heide: Die Die Bundesanstalt für...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zur Mafia in Deutschland: „Hier gehe ich von Strafvereitelung im Amt aus“
09.05.2024

Italienische Mafia-Organisationen gewinnen in Deutschland zunehmend an Einfluss – und können dabei teilweise auf das stillschweigende...