Finanzen

Trotz EU-Krediten: Bulgaren bilden lange Schlangen vor Banken

Aus Angst um ihr Geld haben am Montag erneut zahlreiche Bulgaren die Banken gestürmt. Staatliche Garantien Bulgariens und eine EU-Kreditlinie von 1,7 Milliarden Euro haben die Lage offenbar nicht beruhigen können. Die Behörden machen Falsch-Informationen im Internet für die Bank-Runs verantwortlich.
30.06.2014 14:08
Lesezeit: 2 min

Die Chronologie des bulgarischen Banken-Dramas:

Erster Bank-Run auf die Corpbank

Verstaatlichung und schlechte Nachrichten für Frankreich und Russland

Zentralbank vermutet Internet-Kriminelle als Urheber

Regierung garantiert Spareinlagen und klopft in Brüssel an

Bank-Run in Bulgarien: EU muss Finanz-System mit Milliarden-Kredit retten

Trotz einer staatlichen Garantie für Sparguthaben haben erneut zahlreiche Bulgaren aus Angst um ihr Geld die Banken gestürmt. In Filialen der First Investment Bank bildeten sich am Montag Schlangen. Der Andrang fiel aber geringer aus als in der vergangenen Woche.

Nach Angaben von Regierung und Notenbank haben Kriminelle über Internet und SMS-Botschaften Falschinformationen verbreitet, um Bürger zum Abheben ihres Geldes zu bewegen. Nach einem Krisentreffen sprach Präsident Rossen Plewneliew am Wochenende die Garantie für Sparguthaben aus. Die EU-Kommission gab grünes Licht für eine Kreditlinie von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro des Staates für die Banken.

In Bulgarien war es bereits vergangene Woche zu einem Kundenansturm auf zwei große Banken gekommen: Neben der First Investment Bank als drittgrößtes Geldinstitut des Landes war auch die Nummer vier der Branche betroffen, die Corporate Commercial Bank (Corpbank). Die Zentralbank übernahm daraufhin die Kontrolle über die Corpbank (mehr hier).

An der Börse sorgten die Garantie für Sparguthaben und die Finanzspritze für eine Beruhigung: Nach Kurseinbrüchen in der vergangenen Woche erholte sich die Aktie der First Investment Bank um rund 24 Prozent.

Nach einem Treffen mit Vertretern der Parteien, der Zentralbank und dem Finanzminister sagte Plewneliew am Sonntag, die Institute würden ihren normalen Betrieb aufrechterhalten. Die Banken seien stabil, würden gut beaufsichtigt und verfügten über genügend Kapital.

„Es gibt keine Bankenkrise“, sagte das Staatsoberhaupt. Er räumte aber eine Vertrauenskrise ein. Bei der Verfolgung der Verantwortlichen müssten die Gesetze voll ausgeschöpft werden. Die Behörden nahmen fünf Verdächtige fest. Einer von ihnen sei wieder freigelassen worden.

Auch die EU-Kommission bezeichnete das bulgarische Bankensystem als gut finanziert. Gleichwohl kam die Brüsseler Behörde der Bitte aus Sofia nach, eine Kreditlinie von umgerechnet rund 1,7 Milliarden Euro zu bewilligen.

Diese Maßnahme sei angemessen und notwendig, um in der derzeitigen Lage das Bankensystem mit genügend Liquidität zu versorgen, erklärte die EU-Kommission. Das Geld sei als vorsorgliche Maßnahme zu verstehen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. An sich seien Bulgariens Banken aber gut mit Kapital ausgestattet verglichen mit anderen Ländern in der EU.

Obwohl Bulgarien eines der ärmsten EU-Länder ist und Probleme mit Korruption und Vetternwirtschaft hat, gilt das Finanzsystem des südosteuropäischen Landes als stabil. Die Vorgänge im Bankensystem treffen das Land allerdings in einer politisch schwierigen Lage.

Die von den Sozialisten geführte Regierung hat einen baldigen Rücktritt angekündigt. Termin für eine vorgezogene Parlamentswahl ist der 5. Oktober. Plewneliew kündigte an, das Parlament aufzulösen und am 6. August eine Übergangsregierung einzusetzen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...