Deutschland

Dobrindt will Pkw-Maut auch für Land- und Gemeindestraßen

Nach Angaben von Verkehrsminister Alexander Dobrindt soll die geplante Pkw-Maut nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen erhoben werden. Doch die Nachbarländer Deutschlands und die EU protestieren. Die Niederlande und Österreich wollen sogar vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.
06.07.2014 15:24
Lesezeit: 2 min

Die geplante Pkw-Maut soll nicht nur auf deutschen Autobahnen gelten, sondern auch auf allen anderen Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen. Dies gehe aus dem Konzept von Verkehrsminister Alexander Dobrindt hervor, bestätigten Vertreter aus Koalitionskreisen am Sonntag einen Bericht des „Spiegel“. Der CSU-Politiker will seine lange erwarteten Pläne am Montag vorstellen.

Geplant sind nach Angaben aus Koalitionskreisen drei Arten von Vignetten mit unterschiedlicher Laufzeit. Der Preis einer Jahresvignette für Ausländer liege im Schnitt bei 60 bis 70 Euro und damit unter den bislang erwarteten rund 100 Euro. Bei der EU stößt Dobrindts Vorhaben auf Skepsis, da deutschen Fahrern keine Mehrkosten entstehen sollen. Ausländische Autofahrer dürften nicht diskriminiert werden, warnt die EU.

Eine Vignette für zehn Tage soll nach Angaben aus Koalitionskreisen zehn Euro und eine für zwei Monate 20 Euro kosten. Für die Jahresvignette sei kein Pauschalpreis geplant. Sie werde sich an der Öko-Klasse des Fahrzeugs und dem Hubraum orientieren. Für einen VW-Polo mit Benzin-Motor sei mit Kosten von 24 Euro pro Jahr zu rechnen. Die Jahresvignette für einen VW-Passat mit Dieselmotor dürfte 104,50 Euro kosten. Im Gegenzug werde die Kfz-Steuer im gleichen Maße sinken, so dass es keine Mehrbelastung gebe.

Mit der Ausdehnung der Pkw-Maut auf alle Straßen stellt sich nun allerdings die Frage, wem die Einnahmen am Ende zufließen. Nach Dobrindts Konzept müssten Länder und Kommunen an den Erlösen beteiligt werden, da sie die Kosten für Land- und Gemeindestraßen tragen.

Die Niederlande warnten Deutschland vor einer Diskriminierung ausländischer Auto-Fahrer. Österreich habe bereits angekündigt, notfalls gegen die deutsche Maut zu klagen, sagte die niederländische Infrastrukturministerin Melanie Schultz van Hagen dem Magazin „Focus“. Ihr Land werde sich solch einer Klage möglicherweise anschließen.

Auch der verkehrspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europa-Parlament zeigte sich skeptisch. Es sei ausgeschlossen, dass eine Pkw-Maut nur für Ausländer wirksam werde, sagte der Niederländer Wim van de Camp dem Magazin. „Das geht gar nicht, das ist Diskriminierung." Er erwarte, dass die EU-Kommission in dem Punkt standhaft bleibe. Die EU-Kommission will sogar ihr Veto gegen die Pkw-Maut einlegen (mehr hier).

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas beharrt darauf, dass eine Pkw-Maut nicht einfach mit der Kfz-Steuer verrechnet werden dürfe. Es müssten für alle Nutzer deutscher Autobahnen der gleiche Preis und die gleiche Bezahlmethode gelten. Dobrindt hält sein Konzept dennoch für EU-konform.

CSU-Chef Horst Seehofer warnte die Koalitionspartner CDU und SPD unterdessen vor einem Abrücken von der Maut. „Wir sind äußerst vertragstreu gewesen. Ich erwarte das jetzt genauso von unserer Schwesterpartei und der SPD“, sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Seehofer zeigte sich zuversichtlich, dass noch in diesem Jahr ein Maut-Gesetz beschlossen werde.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder sieht dagegen keinen Anlass zu Eile. „Die Zeit drängt nicht“, sagte der CDU-Politiker dem "Focus“. Seiner Ansicht nach reiche es aus, wenn Fraktionen und Bundestag im Herbst über das Konzept diskutierten. „Wir brauchen eine wasserdichte Lösung, die auch den Anforderungen der EU entspricht“, sagte Kauder. Die Pkw-Maut ist innerhalb der Bundesregierung umstritten und wurde auf Betreiben der CSU in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Die Abgabe soll ab 2016 greifen (mehr hier).

Die Grünen kritisierten Dobrindts Pläne. „Dobrindt fährt mit Volldampf in die Sackgasse“, erklärte Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Pkw-Maut widerspreche EU-recht und werde sich finanziell nicht lohnen. „Der Großteil der Mehreinnahmen durch die Maut wird am Ende vom neu geschaffenen Dobrindtschen Bürokratiemonster verschlungen“, sagte Hofreiter.

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