Finanzen

US-Vorschlag: Zentralbanken sollen Geld an die Bürger direkt verschenken

Die angesehene Zeitschrift Foreign Affairs bringt einen radikalen Vorschlag zur Beendigung der globalen Ungleichheit zwischen Arm und Reich; Die Zentralbanken sollten ermächtigt werden, Geld direkt an die Bürger zu verschenken. Mit diesem Ansatz würde das Problem beseitigt, dass heute ein Großteil des billigen Geldes im Banken-System hängenbleibt. Allerdings würde das monetäre Paradies auf Erden eine Hyperinflation auslösen. Die Idee zeigt: Die Finanz-Eliten sind mit ihrem Latein am Ende.
28.08.2014 00:25
Lesezeit: 4 min

Aus den USA kommt ein überraschender Vorschlag, wie man die Schuldenkrise mit einem Schlag beenden könnte. Die angesehene und regierungsnahe Zeitschrift Foreign Affairs schlägt vor,  die von den Notenbanken ausgegebenen Milliarden direkt an die Bevölkerung zu verteilen. Bisher sei, so wird argumentiert, das Geld bei den Banken hängengeblieben. Mit der radikalen Maßnahme sollen Direkt-Transfers die Wirtschaft ankurbeln und die Arbeitslosigkeit beseitigen. Tatsächlich wird die Folge eine Hyperinflation sein, mit der die globale Schuldenkrise beendet wird.

Der frühere US-Notenbank-Chef Ben Bernanke wurde vor Jahren als "Helikopter-Ben" bezeichnet. Diesen Namen bekam Bernanke wegen der beinahe als hemmungslos zu bezeichnenden Politik des ständigen Gelddruckens, was gleichbedeutend damit sei, die Dollars mittels eines Hubschraubers abwerfen zu lassen.

Damals verteidigte Bernanke sein Vorgehen mit den Theorien von Milton Friedman. Friedman stellte seinerzeit die berühmte Frage, was die Auswirkungen wären, wenn die Regierung einen Helikopter auf die Reise schickte, aus dem es 1000-Dollarscheine über das Land regnen lassen würde. Friedmans geldtheoretische Annahmen beinhalten jedoch die These, dass es eine feste, langfristige Beziehung zwischen Geldmenge und Inflation (bzw. Deflation) gäbe. Inflation sei daher ein rein monetäres Ereignis, dem die Zentralbank nur durch die strikte Kontrolle der Geldmenge begegnen könne.

Vor etwa einem Jahr wurde deutlich, dass die Versuche der amerikanischen Notenbank Fed zur Ankurbelung der Wirtschaft fehlgeschlagen sind. Stattdessen profitierten von der künstlich ausgeweiteten Geldmenge lediglich die Vermögenswerte.

In den USA wie auch in Europa sind die Folgen des unaufhörlichen Gelddruckens an den Börsen ablesbar. Das Geld fließt in die Aktien- und Immobilienmärkte und treibt die Börsenkurse und Preise für Immobilien nach oben. Es bilden sich Finanzblasen, die zur neuen Gefahr in einer Welt werden, die die klassische Inflation wie noch in den 70er Jahren nicht mehr kennt.

Vor einiger Zeit setzte die Wallstreet sogar noch eines drauf, indem sie forderte: „Gehen Sie an die Arbeit, Herr Vorsitzender!“ Was gleichbedeutend ist mit dem Appell, noch mehr Geld zu drucken.

Doch die Intention, die Inflation zu befördern, mag sich durch die Vermehrung der Geldmenge nicht einstellen.

In der Eurozone stellt sich das folgendermaßen dar: Die EZB hat zwar durch ihre LTRO-Programme den Banken bisher bis zu einer Billion Euro zur Verfügung gestellt, dennoch reichten die Banken weniger Kredite an Unternehmen aus bzw. die Unternehmen – vor allem in rezessionsgeplagten Ländern in der Peripherie – fragten weniger Kredite nach. Daher hat sich zwar die Menge des Zentralbankgeldes deutlich erhöht, die entscheidende Geldmenge M3, welche die tatsächlich umlaufende Geldmenge bestimmt, wuchs nur schwach.

In einem kürzlich erschienen Artikel des Foreign Affairs, einem führenden, kritischen Magazin für Ökonomie und globale Zusammenhänge, heißt es, wie Zerohedge berichtete:

„In gewisser Weise spiegelt die niedrige Inflation die Wettbewerbsintensität in einer zunehmend globalisierten Weltwirtschaft, da immer neue Billigprodukte etwa aus Asien das Preisniveau überall auf der Welt beständig sinken lassen und Druck nach unten beispielsweise auch auf die Löhne ausüben.

Aber niedrige Inflation tritt auch auf, wenn Bürger und Unternehmen zu zögerlich sind, Geld ausgeben respektive zu investieren und auch, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist und der Anstieg der Lohnentwicklung niedrig bleibt.

Im gesamten Euroraum ist die Inflationsrate vor kurzem gefährlich nahe Null gesunken. Und in einigen Ländern wie Portugal und Spanien zeichnet sich bereits eine Deflation ab. Das bedeutete im besten Fall, die Währungspolitik funktioniert nicht. Im schlimmsten Fall führt sie zu weiterer Instabilität und andauernder, wirtschaftlicher Stagnation“.

Weiter heißt es:

„Stattdessen sollten die Regierungen mehr tun. Anstatt zu versuchen, private Ausgaben durch Wertpapier-Käufe oder Zinsänderungen durch die Notenbanken zu forcieren, sollten sie das Geld den Verbraucher direkt zur Verfügung stellen. Die Regierung könnte Bargeld gleichmäßig an alle Haushalte verteilen oder, noch besser, bevorzugt auf die unteren 80 Prozent der Haushalte der unteren Einkommen. Gezielt ausgerichtet böte dies für Geringverdiener zwei Vorteile: Sie könnten mehr konsumieren und somit gäbe es eine Steigerung der Ausgaben, was die Wirtschaft ankurbelte. Zum anderen würde die Politik die wachsende Einkommensungleichheit verringern“.

Das dritte und wichtigste Ergebnis, wäre, da die gescheiterten Versuche der Zentralbanken-Experimente nicht die erwünschten Ergebnissen zeigte, die „Hyperinflation“, (diese sei nicht einfach die „galoppierende Inflation“ wie sie oft fälschlicherweise bezeichnet wird, sondern geradezu das „Ausweiden“ des herrschenden Geldsystems) die bis jetzt vermieden wurde, jedoch unvermeidlich sei in einer Welt, in der die völlige Zerstörung der Fiat-Reservewährung nur noch die einzige Möglichkeit bietet, sich aufzublasen und dem Schuldenüberhang durch Inflation zu begegnen.

Heute stimmen die meisten Ökonomen darüber ein, dass, wie in Japan in den späten 1990er Jahren, die Weltwirtschaft von unzureichenden Investitionen bestimmt wird. Die Zentralbanken, darunter die Fed, beschlossen daher aggressive Aktionen, so dass die Leitzinsen in der Nähe von „Null“ rangieren. Desgleichen wurden Milliarden von Dollar und Euro in den Markt gepumpt, wovon die Aktienmärkte profitierten und damit einhergehend die Verzerrung der Preise für Vermögenswerte, das Wirtschaftswachstum jedoch stagnierte und die Ungleichheit der Einkommen immer gravierender wird.

Daher sei es an der Zeit für US-Politiker und ebenso für ihre Kollegen in anderen entwickelten Ländern, eine Version von Friedmanns bzw. Bernankes Helikopter-Modell auf andere Art und Weise zu prüfen.

Die Hoffnung der Befürworter der Geldsegens für die Bürger beruhen darauf. dass durch direkte Transferzahlungen an die Bevölkerung kurzfristig die Wirtschaft beschleunigt wachsen würde. Auf lange Sicht könnten sie Abhängigkeit des Bankensystems für das Wirtschaftswachstum verringern, und es wäre eine Trendumkehr des Anstiegs der Einkommensungleichheit. Solche Transfers würden nicht dazu führen, dass sich dadurch schädliche Inflation auswirke, und es gäbe wenig Zweifel, dass es funktionieren würde.

Die einzige wirkliche Frage sei, warum es bis heute keine Regierung versucht hat.

Der Fakt bleibt bestehen, dass es auf lange Sicht zu einer Inflation kommen wird. Denn trotz der offiziellen Zahlen zur Inflation verdeutlicht eine Grafik des Statistischen Bundesamts eine dramatische Entwicklung, wenn man den Verbraucherpreis-Index betrachtet:

Kommt die Geldschwemme der EZB erst einmal im Wirtschaftskreislauf an, so argumentieren Ökonomen wie Jürgen Stark und Joachim Starbatty, so ist es wie bei einer Kechtup-Flasche: „Wenn man die umdreht und draufklopft, kommt erst lange gar nichts. Aber mit einem Mal macht es dann Schwups. Und anschließend kriegt man das Zeug ausgesprochen schlecht zurück in die Flasche“.

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