Finanzen

Bundesbank-Chef Weidmann kündigt Widerstand gegen EZB-Maßnahmen an

Lesezeit: 2 min
09.10.2014 00:29
Die von der EZB angekündigten Wertpapier-Ankäufe würden zu teuer bezahlt werden, warnt Bundesbank-Chef Weidmann. Er fordert daher die strikte Trennung der Geldpolitik vom Finanzbedarf der Regierungen. Jedoch dürften seine Interventionen kein Gehör finden. Bei bedeutenden Entscheidungen der EZB wird Weidmann regelmäßig überstimmt.
Bundesbank-Chef Weidmann kündigt Widerstand gegen EZB-Maßnahmen an

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kritisiert die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), privaten Anleihen, wie ABS-Papiere minderer Qualität zu kaufen und kündigt seinen heftigen Widerstand an, falls es zum breit angelegten Kauf von Staatsanleihen durch die EZB kommt.

In der vergangenen Woche betonte Weidmann, er sehe die Gefahr, dass beim Ankauf von Kreditverbriefungen von „schwächerer Qualität“, die EZB überteuerte Preise bezahlen könnte. Kreditrisiken, die von privaten Banken in die Bilanzen aufgenommen wurden, würden nun ohne angemessenen Ausgleich auf die EZB und damit auf die Steuerzahler abgewälzt. Dies entspreche nicht dem Haftungsprinzip, wonach jener, der den Nutzen hat, auch bei negativer Entwicklung den Schaden trage. Die globale Finanzkrise habe gezeigt, „wie gefährlich es war, von diesem Prinzip abzuweichen“.

„Mit den jüngsten Beschlüssen hat sich der Politikansatz der EZB geändert – von Programmen, die auf eine Lockerung der Kreditbedingungen zielten in Richtung einer Philosophie der quantitativen Lockerung“, sagte der Bundesbank-Präsident in einem Interview mit dem Wall Street Journal. Über die Notwendigkeit eines solchen Politikwechsels sei im Rat hart gestritten worden. „Wenn man eine Zielgröße für die EZB-Bilanz nennt, dann besteht das Risiko, dass wir diese Wertpapiere zu teuer bezahlen.“

Das Dilemma Weidmanns: Er kann den Zustand zwar beklagen, ändern kann er ihn nicht. Die Bundesbank wurde in den vergangenen Jahren mehrfach in der EZB überstimmt.

Auch der frühere Chefvolkswirt bei der EZB, Jürgen Stark, erklärte, die EZB würde mit dem ABS-Programm „unkalkulierbare Risiken“ in ihre Bilanz aufnehmen, für die im Fall von Verlusten die Steuerzahler der Eurozone haften.

Am Dienstag äußerte sich auch die niederländische Zentralbank mit deutlicher Kritik an der EZB-Politik. In ihrem halbjährlichen Bericht verweist sie darauf, dass leicht verdientes Geld zu finanzieller Instabilität und zu Spekulationsblasen führe. „Die Medizin solle nicht schlimmere Auswirkungen als die Krankheit selbst zeitigen“, wie Capital berichtet.

Auf Deutschland bezogen weist Bundesbank-Chef Weidmann Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Steuersenkungen und Steigerung der Ausgaben der öffentlichen Hand zurück, sprich erneuter Schuldenaufnahme, zurück.

Der IWF hatte unlängst gefordert, mehr Schulden aufzunehmen und in die Infrastruktur zu investieren.

Dagegen betonte Weidmann, die Europäische Kommission solle die Ablehnung der erneuten verfehlten Defizitgrenze Frankreichs überprüfen, die über das gesetzte Ziel der EU-Vorgaben hinausgehe. Frankreich hatte zuletzt einen Haushalt vorgelegt, der gegen alle EU-Regeln verstößt.

Weidmann sagte, er stehe zu den konservativen Prinzipien, die die Bundesbank im Laufe seiner fast 60-jährigen Geschichte geprägt haben: niedrige Inflation, die Bilanz der Zentralbank vor Risiken zu schützen sowie die strikte Trennung der Geldpolitik vom Finanzbedarf der Regierungen.

„Es besteht das Risiko, und zwar besonders im Euroraum, dass die Geldpolitik zur Geisel der Politik wird“, sagte Weidmann im WSJ-Interview.

Weidmanns Äußerungen fielen im Vorfeld eines Treffens mit dem IWF und der Weltbank zur Jahrestagung in Washington, wo Notenbank-Chefs und Finanzminister auch die anhaltend steigende Tendenz der globalen Verschuldung beraten dürften.

Im EZB-Rat verfügt Bundesbank-Präsident Weidmann lediglich über eine Stimme. Weidmann macht deutlich, dass er den absehbaren, breit angelegten Ankauf von Staatsanleihen in der Eurozone weiterhin ablehnt.

Weidmann wurde jedoch bei bedeutenden Themen schon häufig überstimmt. Deutschland mit einer Bevölkerung von etwa 80 Millionen und einem Kapitalanteil mit 27 Prozent hat dasselbe Stimmengewicht wie etwa Malta mit 400.000 Einwohnern und 0,09 Prozent Kapitalanteil.

Dies untergräbt demokratische Prinzipien wie „One man, one vote“ und „No taxation without Representation“.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...