Autos werden mit neuer Software und Elektronik ausgestattet, die automatisiertes Fahren ermöglichen. Einem FT-Bericht zufolge testen Mercedes und Volvo bereits erste Modelle im Straßenverkehr. Die Technik dafür kommt jedoch meist von den Zulieferern, nicht von den Autobauern selbst. Die Zulieferer-Branche kann dabei auf Wachstumsimpulse von jährlich 30 Prozent bis 2016 hoffen. Die Autobauer selbst geraten enorm unter Innovationsdruck: Wer den Trend verschläft, läuft Gefahr, an Bedeutung zu verlieren.
Dabei führen Analysten einen Vergleich mit der PC-Branche an. Die großen Profite machen die Software- und Elektronikunternehmen, nicht mehr die PC-Firmen.
„Alle Zulieferer in der Industrie werden mit der Zeit an Macht gewinnen“, zitiert die FT eine anonyme Quelle aus der Automobilindustrie. „Wenn ich mir in Zukunft ein Auto kaufe, ist es mir egal, ob der Hubraum 1,9 oder 2,4 Liter beträgt, weil ich es nicht mehr selbst fahren werde.“
Die ADAS-Systeme (Advanced Driver Assistance Systems) sollen die Langeweile beim Fahren beseitigen und gleichzeitig Unfälle vermeiden. Hersteller Tesla arbeitet an einer Funktion, die es Sensoren ermöglicht, die Geschwindigkeitsbegrenzungen der Strecke auszulesen und das Fahrzeug bei Bedarf zu bremsen.
Volkswagen Modell XL1 ist in Europa bereits auf dem Markt und hat in den Außenspiegeln Kameras installiert. Andere Hersteller entwickeln Funktionen, die dem Fahrer erlauben, das Lenkrad in die Mitte des Fahrzeuges zu verschieben, wenn das Auto im „Autopilot“-Modus fährt, um dem Fahrer mehr Beinfreiheit zu gewähren. Daimlers fahrerloser Lkw soll der Prototyp für die Logistik werden. Der Fahrer wird zum Logistikmanager, der während der Fahrt administrative Aufgaben erledigen kann. Der Fahrer muss nicht einmal mehr auf die Straße schauen.
Hersteller wollen ihre Fahrzeuge individueller gestalten und sich von der Konkurrenz abheben. Gleichzeitig verlangt automatisiertes Fahren wieder verstärkt Ersatzsysteme zur Gewährleistung der Sicherheit dieser Innovation. Beides macht es wahrscheinlich, dass ADAS-Systeme wie Radar, Kameras, Kartentechnik, Sensoren und Software in Zukunft den Automarkt erobern werden. Die Zukunft des automatisierten Fahrens steht vor der Tür.
Dabei geht es nicht um den Kampf zwischen Herstellern und Zulieferern. Vielmehr erhalten Zulieferer durch die neuen Produkte mehr „Verhandlungsmacht“, sagt Guillaume Devauchelle, Vizepräsident für Innovation beim französischen Zulieferer Valeo. Zulieferer mit einer breiten Palette an Angeboten zum automatisierten Fahren profitieren am meisten.
Die Innovation hat eine Welle an Fusionen und Übernahmen in der Branche ausgelöst. ZF Friedrichshafen übernahm im September TRW Automobile und stieg auf zum zweitgrößten Zulieferer der Welt. Panasonic übernahm 49 Prozent des spanischen Autoteileherstellers Ficosa. Autoliv, eine schwedische Airbag und Sicherheitsgurte-Firma investiert in deutsche Radartechnik der Firma Hella. Continental und Bosch profitieren beide von der bekennenden Haltung deutscher Hersteller zum automatisierten Fahren.
Automatische Einparkhilfen, Warnungen beim Ausscheren aus der Spur sowie automatische Bremshilfen und Fußgänger-Erkennung sind Produkte, die bereits in Serie in die neues Autogeneration installiert werden. Daimler entwickelt einen Stau-Assistenten, der automatisch bei niedriger Geschwindigkeit hinter dem vorwegfahrenden Auto her fährt.
ADAS-Systeme werden bis 2025 etwa 57 Milliarden US- Dollar ausmachen, verglichen mit einem Marktwert von derzeit rund 6 Milliarden, schätzen Analysten der BNP Paribas.
Wichtige Konkurrenten auf dem Software-Markt für automatisiertes Fahren sind neben Google die Firma Mobileye, ein israelisches Startup das Kamerasysteme entwickelt oder Elektrobit, ein finnischer Softwareentwickler, der mit Mercedes-Benz kooperiert.
Der Entwicklung des Software-Codes für automatisiertes Fahren kommt eine immense Bedeutung zu. Hersteller werden sich darum bemühen, im Schadensfall die Haftungsverantwortung von sich zu weisen: „Wenn der Code versagt, kann das katastrophale Folgen haben. Das will kein Hersteller“, sagt Martin Schleicher von Elektrobit. Daher seien die Hersteller bestrebt, sich in dem Bereich abzusichern.
Das Auto der Zukunft wird eine zentrale Kontrollinstanz besitzen, die die Daten der Sensoren mithilfe von Algorithmen in automatische Aktionen verwandelt. Diese Funktionsweise kommt der eines Gehirns recht nahe. Wer diese zentrale Instanz kontrolliere – egal, ob Hersteller oder Zulieferer – „kontrolliert den Wert des Fahrzeuges“, heißt es in einem Bericht von Morgan Stanley an dessen Kunden.