Finanzen

Niedriger Ölpreis wird zur Bedrohung für den Petro-Dollar

Der niedrige Ölpreis führt zu Einnahmeverlusten in den erdölexportierenden Staaten. Auch der internationale Kreditmarkt leide darunter, berichtet die Bank BNP Paribas. Denn ein Großteil der Petrodollars fließt an westliche Banken in Form von Einlagen. Doch der Chefanalyst der Baader Bank, Robert Halver, sagt, dass die Banken in den USA und in der Eurozone aufgrund der Geldschwemme der Notenbanken auch weiterhin kein Liquiditäts-Problem aufweisen dürften.
04.11.2014 23:15
Lesezeit: 2 min

Die Diskussion um das Ende des Dollars als Weltwährung ist seit zwei Jahren auf der Tagesordnung. Die BRICS-Staaten unter Führung von Russland und China haben mehrfach betont, dass sie an der Errichtung eines multilateralen Währungssystems arbeiten, um sich vom Dollar als Leitwährung zu lösen.

Das bringt den Petrodollar in Gefahr. Bisher war es so, dass Erdöl exportierende Staaten ihren Energiehandel in Dollar abwickelten und die Einnahmen in Dollar-basierenden Kapitalanlagen investierten. Die Erdöl exportierenden Staaten waren ein wichtiger Bestandteil des internationalen Finanzmarkts. Ihre Investitionen waren maßgeblich für die Stabilität des Finanzmarkts, meldet die französische Bank BNP Paribas in einer aktuellen Studie.

Doch der niedrige Ölpreis führt zwangsläufig zu geringeren Einnahmen. Die Ölexporteure können den Finanzmarkt nicht mehr mit Liquidität versorgen. Stattdessen wird benötigtes Kapital dem Finanzmarkt entzogen. Das führt zu höheren Kreditkosten für die Regierungen und Unternehmen. Am Ende wird auch das Geld der Verbraucher knapper.

Der reduzierte Umlauf des Petrodollars sollte als Phänomen nicht unterschätzt werden, so BNP Paribas. Denn Energieexporteure investieren ihre Einnahmen nicht vollständig, sondern legen ihre Gelder bei ausländischen Banken und am internationalen Finanzmarkt an. Davon profitiert wiederum der Kredit-Markt. Dieser Prozess hilft den Importeuren, ihre Schulden zu finanzieren und das gesamtwirtschaftliche Wachstum aufrecht zu erhalten.

Im vergangenen Jahr betrugen die Kapitalflüsse aus energieexportierenden Ländern 812 Milliarden Dollar. Davon wurden 109 Milliarden Dollar als Finanzportfolio-Kapital ausgewiesen und 177 Milliarden Dollar flossen in direkte Aktienanlagen. Etwa die Hälfte von zusätzlichen 527 Milliarden Dollar, die in anderweitige Kapitalanlagen flossen, handelte es sich um Bankeinlagen. Diese Summe ging hauptsächlich in die Kreditmärkte.

Die erdölexportierenden Schwellenländer werden durch den Verfall des Ölpreises Steuereinnahmen verlieren und das Wirtschaftswachstum wird gehemmt. Energieträger-Einnahmen machen insgesamt 26 Prozent des BIP und 21 Prozent der externen Anleihen der Erdöl exportierenden Schwellenländer aus.

Insgesamt werden die Schwellenländer ab 2015 einen Rückgang des BIPs in Höhe von 0,4 Prozentpunkte erleben. Die kollektive Leistungsbilanz wird um 0,58 Prozentpunkte auf 0,6 Prozent des BIP sinken. Das Haushaltsdefizit wird sich um 0,61 Prozentpunkte auf -2,9 Prozent verschlechtern. So lautet zumindest das Szenario von BNP Paribas.

Die energieexportierenden Staaten unter den Schwellenländern werden am schlechtesten abschneiden. Sie werden einen Wachstumsrückgang von 1,9 Prozentpunkten erleben. Das wird ihre Leistungsbilanzen unter Druck setzen. Das BIP wird um 2,69 Prozentpunkte schrumpfen.

Sollte der Ölpreis auf 25 Dollar pro Barrel fallen, wird es zu einem Defizit in der Leistungsbilanz der energieexportierenden Staaten kommen. Das BIP wird von einem Überschuss von 2,4 Prozent auf ein Defizit von -0,3 Prozent fallen.

Innerhalb dieses Szenarios werden Energieimporteure profitieren. Sie werden beim Wirtschaftswachstum 0,4 Prozentpunkte dazugewinnen. Ihre kollektive Leistungsbilanz wird sich um 0,6 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent des BIP verbessern.

Im Nahen Osten wird sich das BIP-Wachstum verlangsamen und um 3,8 Prozentpunkte auf 0,3 Prozent schrumpfen. Diese Region wird am negativsten betroffen sein. An zweiter Stelle stehen die GUS-Staaten. Auch sie werden einen Wachstumsrückgang erleben.

Das Haushaltsdefizit in der GUS-Region wird sich von 0,7 Prozent am BIP auf -1,8 Prozent am BIP verschlechtern. Die Leistungsbilanz wird von 3,0 Prozent auf 0,7 Prozent abnehmen. In Afrika wird sich die Leistungsbilanz um 2,4 Prozentpunkte auf -2,9 Prozent des BIP verschlechtern.

Der Ölpreis ist am Dienstag auf ein Dreijahrestief von 75,84 Dollar je Barrel gefallen. Doch hinzu kommt, dass auf dem Erdölmarkt ein Preiskampf ausgebrochen ist. Saudi Arabien bietet US-Abnehmern Preisnachlässe für Erdöl. Die Rabatte sollen Produzenten mit höheren Kosten aus dem Markt verdrängen, etwa die Fracking-Förderung in den USA.

Der Leiter der Kapitalmarktanalyse-Abteilung der Baader Bank, Rober Halver, nimmt eine etwas andere Kreditmarkt-Bewertung als BNP Paribas vor. Er sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten:

„Die Banken haben aufgrund der Niedrigzins-Politik der EZB und des Fed kein Liquiditäts-Problem. Zudem vergibt der EZB durch das Versprechen des Kaufs von Anleihen eine zusätzliche Garantie an die Banken. Ausfälle auf dem Kredit-Markt dürfte es eigentlich nicht geben. Die vermeintlichen Liquiditäts-Ausfälle aus den erdölexportierenden Ländern stellen kein Problem dar. Wir müssen auch sehen, dass arabische Investoren vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien in Form von Beteiligungen an westlichen Unternehmen aktiv sind.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...