Supermärkte und Elektronikmärkte in Deutschland setzen zunehmend auf Elektronische Preisschilder an den Regalen. Dadurch lassen sich Preise per Knopfdruck aus der Zentrale verändern. Tagesaktuelle Aufschläge und Rabatte wie an Tankstellen sind möglich.
Aktuell hat Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler Rewe bereits rund 500 seiner 3300 Märkte umgestellt und über sieben Millionen elektronische Einzeletiketten installiert. Die Elektronikketten Media Markt und Saturn und erste Edeka-Kaufleute setzen auch bereits auf elektronische Preisschilder.
Nach Informationen des Fachblatts Lebensmittelzeitung sollen auch einige Discounter schon die neue Technik testen.
Die Händler erwarten sich demnach von der Umstellung in erster Linie Effizienzgewinne: Derzeit müssten die Mitarbeiter noch Woche für Woche Hunderte Preisetiketten an den Regalen von Hand austauschen. Dies sei nicht nur zeitaufwendig, sondern führe auch immer wieder zu falschen Preisauszeichnungen und Kundenreklamationen.
Der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU rechnet allerdings damit, dass die Einführung der neuen Preisschilder auf Dauer deutlich weitreichendere Auswirkungen auf den Einkauf in Deutschland haben wird. "Der erste Schritt wird wahrscheinlich sein, dass in frequenzärmeren Zeiten die Preise runtergehen – ähnlich wie bei Airlines", zitiert die dpa den Experten. Auch bei leicht verderblicher Ware wie Obst und Gemüse würden die Geschäfte rasch die Möglichkeit nutzen, Preise im Bedarfsfall so weit wie notwendig zu senken, damit alles abverkauft werde.
Dass es im Einzelhandel bald so zugeht wie an den Tankstellen, wo vor Ferienbeginn die Preise steigen, daran glaubt der Experte allerdings nicht. Zwar sei es theoretisch möglich, dass Händler vor einem wichtigen Fußballspiel den Preis für eine Kiste Bier erhöhen. "Ich glaube aber nicht, dass das im großen Maßstab geschehen wird. Dafür ist der Wettbewerb im deutschen Einzelhandel zu aggressiv und die Gefahr zu groß, die Kunden zu verärgern." Preisveränderungen nach unten dürften dabei weniger ein Problem sein als Preiserhöhungen.
Dabei könnten die elektronischen Preisschilder in Zukunft sogar noch den Weg für viel revolutionärere Verkaufsstrategien bereiten, schätzt Fassnacht: "Wer eine Smartphone-App des Händlers installiert hat, kann über Near-Field-Kommunikation mittels des elektronischen Preisetiketts auf seinem Handy einen günstigeren Preis angeboten bekommen, den andere nicht sehen." Die Preisgestaltung könne so viel individueller auf den Kunden zugeschnitten werden als heute.