Politik

EU auf dem Rückzug: Sechs Monate Schulden-Pause für Griechenland möglich

Die EU scheint im Konflikt mit Griechenland vorerst klein beizugeben: Einem Medienbericht zufolge hat die EU-Kommission einem sechsmonatigen Schulden-Moratorium zugestimmt. Danach soll ein neuer Deal mit Athen vorliegen. Die EZB soll den Plan angeblich bereits bewilligt haben. Wenn es zu einem Schuldenschnitt kommt, müssen die europäischen Steuerzahler Verluste realisieren.
10.02.2015 16:10
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission hat angeblich eingelenkt - und gewährt Griechenland eine sechs Monate lange Pause im Schuldendienst: Die Agentur Market News International (MNI) zitiert einen hochrangigen Beamten der EU-Kommission, dem zufolge die Griechen in dieser Zeit eine neue Lösung mit der EU erarbeiten sollen. MNI schreibt, dass auch die EZB mit dem Deal einverstanden sein soll und in dieser Zeit wieder griechische Staatsanleihen als Sicherheiten annehmen werde. Auch die Nachrichtenagentur Bloomberg und die FT berichten von dem möglichen Deal. In Brüssel zeigte man sich empört über die griechische Regierung, wie MNI berichtet: Zum einen hätten die Griechen behauptet, die Amerikaner unterstützten ihre Pläne eines Schuldenschnitts. Zum anderen bezeichneten Brüsseler Beamte MNI zufolge die Investmentbank Lazard als "inkompetent". Lazard berät die griechische Regierung exklusiv bei der Vorbereitung einer Umschuldung.

Die EU-Kommission dementierte das Gerücht nur halbherzig: Noch gäbe es keinen konkreten Plan für Griechenland, teilte die Kommission in Brüssel mit. Der italienische Finanzminister Padoan sagte, er habe noch keinen Plan gesehen, berichtet der Finanzblog Zerohedge.

Die Art, wie die mögliche Kehrtwende lanciert wurde, trägt die Handschrift von Jean-Claude Juncker. Der Spiegel überlieferte 1999 einen entsprechenden Ausspruch des damaligen Chefs der Euro-Gruppe:

»›Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert‹, verrät der Premier des kleinen Luxemburg über die Tricks, zu denen er die Staats- und Regierungschefs der EU in der Europapolitik ermuntert. ›Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter ‒ Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.‹«

Die Investmentbank Lazard, die von der Regierung in Athen beauftragt worden war, ein Umschuldung mit den Gläubigern zu verhandeln, hatte zuvor verlangt, dass die Gläubiger auf Forderungen in Höhe von 100 Milliarden Euro verzichten müssten.

Einen Tag vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras erneut über mögliche Lösungen im Schuldenstreit gesprochen. Es sei ein Gespräch in einem "positiven Geist" der Kooperation gewesen, teilte die EU-Kommission im Anschluss an das Telefonat mit.

Am Mittwoch wollen die Euro-Finanzminister über einen Ausweg aus der Schuldenkrise in Griechenland beraten. Die Kommission hatte sich zuvor skeptisch geäußert, dass an dem Tag bereits ein Durchbruch erreicht werden kann. Juncker hatte sich nach seinem ersten Treffen mit Tsipras auffallend verständnisvoll geäußert und gesagt, dass er verstehe, dass Tsipras eine "Zeit des Übergangs" brauche.

Die neue Regierung in Athen geht jedenfalls mit einem starken Rückhalt in der Bevölkerung in die Krisengespräche mit den europäischen Partnern. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage unterstützten 75 Prozent der Bevölkerung ihre Verhandlungsposition, 67 Prozent stehen allgemein hinter der Politik der Regierung. Das Institut Alco befragte 821 Griechen. In den kommenden Tagen finden Verhandlungen zwischen der Regierung in Athen sowie EU- und IWF-Vertretern statt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...