Politik

BBC enthüllt: Opposition in Schüsse von Maidan-Massaker verwickelt

Die BBC hat in einer Reportage dokumentiert, dass das Massaker am Maidan nicht wie in der offiziellen Lesart behauptet von der Janukowitsch-Polizei allein ausgelöst worden ist. Mindestens ein Schütze stammte von der Opposition. Die Hintermänner sind unbekannt. Der Bericht nährt den Verdacht, dass einer der engsten Vertrauten des heutigen Premiers Arseni „Jaz“ Jazenjuk eine äußerst dubiose Rolle gespielt haben könnte. Jazenjuk war von den Amerikanern als Führungsfigur aufgebaut worden.
13.02.2015 01:25
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der BBC-Reporter Gabriel Gatehouse hat in einer Recherche Belege zu Tage gefördert, die die bisherige offizielle Darstellung der Ereignisse des Massakers am Maidan in Kiew am 20. Februar 2014 erschüttern (sehenswertes Video am Anfang des Artikels).

Bisher hat die heutige Regierung in Kiew und vor allem die US-Regierung stets behauptet, dass die Polizei des damaligen, von Russland unterstützten Präsidenten Viktor Janukowitsch durch den gezielten Einsatz von Scharfschützen für den Tod von 50 Demonstranten verantwortlich gewesen sei. Auch drei Polizisten waren getötet worden. Das Massaker war der Auslöser für den Sturz von Janukowitsch und hat die heutige Regierung an die Macht gebracht. Der österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch hatte schon vor einiger Zeit davon gesprochen, dass der Machtwechsel in Kiew „putschähnliche Züge“ getragen habe. Das Massaker ist nie aufgeklärt worden. Drei Polizisten wurden angeklagt, ihnen wir die alleinige Schuld an den Morden angelastet.

Doch die BBC berichtet nun, dass es eine „andere Geschichte“ von den Ereignissen gäbe, über die bisher wenig konkrete Fakten vorgelegen sind. Dem Sender ist es gelungen, einen Schützen zu identifizieren, der von dem von der Opposition kontrollierten Gebäude des Konservatoriums auf Polizisten und die unbewaffneten Demonstranten geschossen hat. Sein Einsatz wurde offenbar von langer Hand geplant. Der Mann berichtete der BBC, dass er über lange Zeit von einem ehemaligen Offizier, der in der Protestbewegung tätig war, auf seinen Einsatz vorbereitet worden sei. Er habe am vor seinem Einsatz ein Saiga-Jagdgewehr ausgehändigt bekommen und habe dann mit einem zweiten Schützen vom Konservatorium aus auf Polizisten geschossen. Der Mann sagte der BBC, er habe auf die Füße der Polizisten gezielt, hätte sie jedoch auch „in die Arme oder anderswohin“ treffen können.

Die Aussage wird vom Abgeordneten Andrij Shevchenko gestützt, der der BBC berichtete, er sei von der Polizei informiert worden, dass Männer vom Konservatorium auf die Beamten geschossen hätten. Er habe darauf den damaligen „Sicherheitschef“ der Proteste, Andrij Parubij, kontaktiert und diesen auf die dramatische Entwicklung aufmerksam gemacht. Parubij sagte dem Abgeordneten, er habe einiger seiner besten Leute auf den Balkon des Konservatoriums geschickt, um zu überprüfen, ob sich dort Scharfschützen befänden. In der Zwischenzeit erhielt Shevchenko weitere panische Anrufe von der Polizei, in denen ihm gesagt wurde, dass vom Konservatorium aus auf Polizisten geschossen werde und es bereits mehrere Verletzte und einen Toten gäbe. Parubij dagegen, der auch der „Kommandant vom Maidan“ genannt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass es unmöglich sei, vom Balkon des Konservatoriums auf die Demonstranten zu schießen und behauptete, dass es im Konservatorium keine Scharfschützen gäbe. Die BBC präsentiert jedoch Fotos des Fotografen Evgeniy Maloletka, die zweifelsfrei Scharfschützen im von der Opposition kontrollierten Konservatorium und auf dem Balkon zeigen.

Auch der Schütze, der mit der BBC gesprochen hat, widerspricht der Darstellung Parubijs: Als er gerade nachgeladen hatte, sei er von Männern, die er der Truppe von Parubij eindeutig zuordnet, aus dem Gebäude eskortiert und mit einem Auto aus Kiew weggebracht worden. Er wurde ausgesetzt und musste allein nach Kiew zurückkehren.

Anwälte der Opfer vom Maidan und Staatsanwälte berichteten der BBC, dass sie in ihrem Bemühen, die Wahrheit über die Schüsse auf dem Maidan zu erfahren, von den Gerichten abgeblockt worden seien. Einzig die Version, dass Polizisten von Janukowitsch für die Schüsse verantwortlich gewesen seien, sei offiziell akzeptiert worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach dem Massaker versprochen, dass es eine detaillierte Untersuchung der Vorfälle geben werde. Bis heute ist keine umfassende, unabhängige Untersuchung eingeleitet worden.

Das Massaker vom Maidan führte zum Sturz der rechtmäßig gewählten Regierung von Janukowitsch. In der Zeit des Umsturzes hatte die US-Sonderbeauftragte Victoria Nuland in einem von den Russen abgefangenen Telefonat ihre Mitarbeiter in Kiew angewiesen, den heutigen Premier Arseni „Jaz“ Jazenjuk zur politischen Führungsfigur aufzubauen.

Russland hatte als Reaktion auf den Umsturz die Kontrolle über die Halbinsel Krim übernommen. Diese Aktion, die vom Westen als völkerrechtswidrige Aktion qualifiziert wird, war der Auslöser für die Sanktionen der USA und der EU gegen Russland.

Parubij sagte der BBC, die Schüsse seien von Scharfschützen aus Russland abgegeben worden, die von Russland aus eingeschleust worden seien, um ein Blutbad auf dem Maidan anzurichten. Parubij diente unter der ersten Regierung Jazenjuk als Vorsitzender des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine. Er hat während der Maidan-Proteste eng mit dem Führer des Rechten Sektors, Dmytro Jarosch zusammengearbeitet. Zuvor war er Mitbegründer der rechtsextremen Sozial-Nationalen Partei der Ukraine, die später in der Swoboda-Partei aufging. 2012 hatte er auf der Liste von Julia Timoschenko kandidiert.

Parubiy ist heute Mitglied der Partei von Jazenjuk und wirkt als stellvertretender Sprecher des ukrainischen Parlaments.

Die Regierung von Jazenjuk wird von den USA unterstützt und wird in der westlichen Öffentlichkeit gerne als „prowestliche Regierung“ oder „europafreundliche Regierung“ bezeichnet. Die Steuerzahler Europas werden vermutlich mit Milliarden die Schulden der Ukraine bezahlen müssen, weil sich die wirtschaftliche Lage in dem Land nach den Ereignissen auf dem Maidan dramatisch verschlechtert hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Ministerposten: Spahn statt Linnemann? CDU-Politiker Linnemann wird nicht Wirtschaftsminister
15.04.2025

Nachdem Union und SPD ihren Koalitionsvertrag vereinbart haben, geht das Geschachere um die Ministerposten los: CDU-Politiker Carsten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steuerfreie Überstunden ab 2025? – Das plant die neue Koalition
15.04.2025

Überstunden steuerfrei ab 2025? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...

DWN
Politik
Politik Beamtenstaat: fragwürdige Last-Minute-Beförderungen - vor allem in SPD geführten Ministerien
15.04.2025

Beförderungswelle nach Ampel-Bruch: Die Parteien der Ampel-Regierung konnten in einem Punkt produktiv und schnell sein – teure...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maul- und Klauenseuche: Entwarnung - Deutschland offiziell MKS-frei
15.04.2025

Rund drei Monate nach dem Ausbruch in Brandenburg gilt Deutschland offiziell als frei von der Maul- und Klauenseuche (MKS). Die...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Wohnen, Investieren, Absichern - den Immobilienmarkt verstehen und davon profitieren
15.04.2025

Immobilien sind weit mehr als bloße Gebäude aus Beton, Stahl und Glas. Sie sind Zuhause, Investition und Lebensraum zugleich. Doch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftswachstum in Deutschland 2025: Norden legt zu, Süden bleibt zurück
15.04.2025

Regionale Konjunkturdaten zeigen ein Gefälle in der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Während im Süden und Osten vielerorts...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rüstungsriese Rheinmetall greift zu – und die Aktie explodiert
15.04.2025

Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erweitert sein Geschäftsfeld mit dem Kauf des Kampfmittelbergers Stascheit. Der...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street im Aufwind: Trumps Zoll-Kurs sorgt für Erleichterung – vorerst
15.04.2025

Trump gibt vorübergehend nach – Märkte atmen auf. Doch die Reaktion auf seine Zollpolitik zeigt: Der Handlungsspielraum der...