Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum CeBIT-Start für einen engen Schulterschluss mit der aufstrebenden IT-Industrie in China geworben - zugleich aber auch faire Spielregeln angemahnt. «Es bieten sich Kooperationen geradezu an», sagte die CDU-Politikerin bei ihrer Rede zum Start der Messe am Sonntagabend in Hannover. Fest stehen müsse dabei aber auch: «Unternehmen und Investoren haben ein natürliches Interesse daran, dass sie wissen, in welchen Rahmenbedingungen sie arbeiten: Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Gleichbehandlung der verschiedenen Unternehmen in unseren Ländern.»
Das geplante Abkommen zum Investitionsschutz für Unternehmen zwischen der EU und China sei ein wichtiger Punkt dabei. «Deutschland setzt sich für einen baldmöglichen Abschluss ein», sagte Merkel. Bei dem sogenannten Investitionsschutz geht es um die Frage, wie ausländische Investoren im Gastland vor staatlicher Bevormundung bewahrt bleiben und wie verlässlich etwa die gesetzliche Basis der Vorgaben ist. Im Zusammenhang mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP ist der Investitionsschutz einer dem umstrittenen Punkte, weil die nationalen Gerichte auf diesem Weg an Bedeutung verlieren. Allerdings ist die Frage des Lohndumpings bei globalen Freihandelsabkommen das wesentlich größere Problem. Dies dürfte auch für China gelten. Deutsche Politiker haben sich zu diesem Problem weder im Hinblick auf die USA oder China geäußert.
In China, das von der kommunistischen Einheitspartei gesteuert wird, gibt es immer wieder Klagen etwa in Sachen Know-how-Schutz oder marktwirtschaftlichem, transparentem Wettbewerb. Ausländische Firmen in Schlüsselbranchen erhalten Marktzugang nur mit örtlichen Partnern.
Allerdings sind die Europäer seit geraumer Zeit auf der Suche nach neuen Partnern: Die Probleme mit der NSA und der engen Zusammenarbeit von Google, Apple und Facebook mit den US-Behörden zwingen die EU-Staaten, sich nach alternativen Partnern umzusehen. Die Amerikaner hatten insbesondere Deutschland mit seinen Datenschutz-Vorstellungen abblitzen lassen.
Das asiatische Riesenreich sei bereit, Handelshemmnisse und Hindernisse jedweder Art zu beseitigen, um einen globalen Markt aufzubauen, sagte der chinesische Vize-Ministerpräsident Ma Kai bei dem Festakt in Hannover. Er warb zudem für ein internationales Regelwerk für die IT-Sicherheit. Deutschland und China seien in Asien und Europa Marktführer, beide Länder seien nun in eine neue Phase der Partnerschaft eingetreten. Mut zur Innovation müsse einhergehen mit internationaler Kooperation.
Chinas Regierungschef Li Keqiang betonte in einer Videobotschaft, Deutschland sei ein wichtiger Pionier bei der Umsetzung der digitalen Revolution in der Wirtschaft («Industrie 4.0»). «China möchte sich gerne komplementär aufstellen», erklärte er.
Der Gründer der chinesischen Online-Plattform Alibaba, Jack Ma, nannte die Beständigkeit von deutschen Unternehmen wie Mercedes-Benz und Siemens ein Vorbild für die Digitalwirtschaft. Er sei daher auf der CeBIT, «weil ich dieses fehlende Teil für das Puzzle Internet finden will».
Die Verschiebung etablierter Wirtschaftszweige in den IT-Bereich wird aus Sicht des Branchenverbandes Bitkom auch die lokale Wirtschaft durcheinanderwirbeln. So werde die Digitalisierung absehbar auch den selbstständigen Einzelhändler oder den kleinen Handwerker um die Ecke zum Umdenken zwingen, mahnte Bitkom-Chef Dieter Kempf. «In der Wirtschaft wird kein Stein auf dem anderen bleiben.» Als Beispiel nannte Kempf einen Tischler, der Konkurrenz vom 3D-Drucker bekommen könnte. «Dann wird der, der im Internet Zugriff auf die meisten Formen und Farben hat, zum neuen Konkurrenten.»