Politik

Schäuble-Plan: Griechenland soll auch nach Staats-Bankrott im Euro bleiben

Die Regierung arbeitet offenbar an einem Plan, Griechenland auch nach einer Staatspleite im Euro zu halten. Demnach soll die EZB nach dem Bankrott weiterhin die griechischen Banken finanzieren. Tatsächlich gibt es keinerlei Regeln, wie ein Euro-Austritt vonstatten gehen kann, ohne die Währungsunion ins Chaos zu stürzen.
16.04.2015 00:52
Lesezeit: 2 min

Die Bundesregierung arbeitet einem Zeitungsbericht zufolge an einem Plan, Griechenland auch im Falle einer Staatspleite im Euro zu halten. Anonyme Kreise haben in der Wochenzeitung Die Zeit einen Plan lanciert, wonach es der EZB ermöglicht werden soll, griechische Banken auch nach einem möglichen Staatsbankrott zu finanzieren. Die FT meldete vor wenigen Tagen, dass in Athen bereits Vorbereitungen zu einer Staatspleite laufen.

Das Problem der Euro-Retter: Es gibt keinen rechtlich festgelegten Modus, wie eine Staatspleite im Euro-Raum vonstatten gehen soll. Nach der ersten Griechenland-Krise im Jahr 2011 hatten alle EU-Politiker darauf gedrängt, Regeln für eine geordnete Staatspleite festzulegen. Geschehen ist nichts. Die einzige Gewissheit: Die EZB sitzt im Namen der europäischen Steuerzahler auf Risiken von 100 Milliarden Euro, die im Fall eines Zusammenbruchs des Euro-Raums weg wären. Diese brisante Situation erklärt, warum die Euro-Retter nach Lösungen suchen, um die faulen Schulden über technische Tricks kreative Lösungen anderswohin zu schieben.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder gab im aktuellen Poker mit Athen den harten Hund und sagte, dass die Regierung in Athen ohne einen „vernünftigen Reformplan“ nicht an weitere Milliarden seiner Euro-Partner und des IWF kommen werde. Auf der Suche nach Unterstützung will Finanzminister Yanis Varoufakis am Rande der IWF-Frühjahrstagung am Donnerstag in Washington US-Präsident Barack Obama treffen und am Freitag mit EZB-Präsident Mario Draghi sprechen.

Die EZB hatte erst am Dienstag entschieden, den Geldhahn für griechische Banken weiter offenzuhalten. Die EZB stockte nach Angaben aus Bankenkreisen den Rahmen für Nothilfen (ELA) der Athener Notenbank an die Geldhäuser um 800 Millionen Euro auf inzwischen 74 Milliarden Euro auf. Griechische Banken sind zur Geldversorgung zunehmend auf diese Notkredite angewiesen, da die EZB bonitätsschwache Hellas-Staatsanleihen nicht mehr als Pfand annimmt. Damit ist den Geldhäusern der direkte Zugang zu EZB-Geldern weitgehend versperrt. Über ELA-Hilfen können sie sich dennoch mit Liquidität versorgen.

Sollte Griechenland zahlungsunfähig werden, müsste die EZB die Versorgung Griechenlands mit Euros einstellen, was einen Kollaps der dortigen Banken bedeuten würde. Um den Geldkreislauf aufrecht zu erhalten, könnte die Regierung dann zur Einführung einer Parallelwährung gezwungen sein. Die Zeit berichtete, der in der Bundesregierung diskutierte Plan ziele darauf ab, die griechischen Banken soweit zu sanieren, dass sie auch nach einem Staatsbankrott an den Geldgeschäften der EZB teilnehmen könnten. Auch die Übernahme der griechischen Banken durch andere europäische Banken ist denkbar. Dann könnten die Euro-Geschäfte über andere Länder abgewickelt werden.

In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung stets betont, sie arbeite gemeinsam mit den europäischen Partner an einer Stabilisierung Griechenlands innerhalb der Euro-Zone. Die neue Regierung in Athen ringt seit Monaten mit der Euro-Zone und dem IWF um die Reformauflagen für weitere Kredithilfen von sieben Milliarden Euro aus dem zweiten Kreditprogramm, das Ende Juni endet. Unklar ist zudem, wie sich das Land danach finanziell weiter über Wasser halten kann.

In den nächsten Wochen und Monaten steht die Regierung in Athen vor erheblichen finanziellen Verpflichtungen, die sie nach Worten von Varoufakis alleine nicht stemmen kann. So werden im Juli und August insgesamt 6,7 Milliarden Euro an die EZB fällig. Hinzu kommen Zins und Tilgung für Darlehen des IWF, der Euro-Partner sowie private Gläubiger. Griechenland wird seit 2010 mit insgesamt 240 Milliarden Euro vor der Staatspleite bewahrt. Vor wenigen Tagen überwies Athen dem IWF eine Rate von 450 Millionen Euro, daraufhin erholten sich die Staatsanleihen.

Teil des Schäuble-Plans ist, dass Griechenland sich grundsätzlich kooperativ zeige und bereit sei, die Reformauflagen zu erfüllen. Wenn das nicht der Fall sei, werde die Bundesregierung einen Euro-Austritt in Kauf nehmen. Auch dann solle Griechenland aber soweit wie möglich an Europa gebunden sein, etwa durch Hilfen, die den Übergang zu einer eigenen Währung erleichtern sollten.

Die Finanzminister der Euro-Länder wollen am 24. April in Riga über einen Ausweg aus dem Reformstreit beraten und möglichst die Weichen für eine Lösung stellen. Kauder sagte der Bild, ein drittes Hilfsprogramm sei noch „kein Thema“: „Wir reden momentan über den Abschluss des zweiten Programms.“ Dafür müsse Athen aber endlich einen vernünftigen Reformplan vorlegen. Europa werde keine Abstriche von seinen Forderungen gegenüber Athen machen: „Wer hofft, Europa würde einknicken, liegt falsch. Wir werden keinen Deut von unseren Forderungen abweichen.“ Der Bundestag müsste weiteren Hilfszahlungen an Athen zustimmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis kaum...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Ist der Krisenmodus vorbei? Neuer CEO Doustdar will Vertrauen zurückgewinnen
08.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie braucht neue Impulse, um Wachstum und Anlegervertrauen zurückzugewinnen. „Dass ich anders bin, ist die halbe...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
08.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Politik
Politik Trump gegen den diplomatischen Konsens: Treffen mit Putin rückt näher
08.08.2025

Donald Trump will mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg verhandeln – ohne Selenskyj. Ein neuer geopolitischer Machtpoker beginnt....

DWN
Finanzen
Finanzen Crocs-Aktie stürzt ab trotz solider Quartalszahlen: Was wirklich hinter dem Kursrutsch steckt
08.08.2025

Die Crocs-Aktie hat am Donnerstag einen historischen Kurssturz erlitten, obwohl die aktuellen Quartalszahlen solide ausfallen. Und am...