Finanzen

Euro-Krise: Rätselhafter Anstieg der Zinsen bei Staatsanleihen

Die Zinssätze für die Euro-Staatsanleihen sind in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Niemand kann wirklich sagen, was dahintersteckt, weil die EZB durch ihr Ankauf-Programm die Märkte manipuliert.
30.04.2015 14:16
Lesezeit: 2 min

Seitdem die EZB ihr QE-Programm gestartet hat, gibt es Unruhen auf dem traditionell ruhigen und stabilen Staatsanleihenmarkt. Die Zinssätze für Anleihen im gesamten Euro-Raum sind in den vergangenen Tagen gestiegen. Auch der Zinssatz für zehnjährige deutsche Staatsanleihen, den „Bunds“, schwankte unverhältnismäßig stark.

Die Renditen der Bundesanleihen werden auch als Gradmesser des Erfolges für das große Experiment der Zentralbanken gewertet: Ob die Geldschwemme ernsthafte Verzerrungen verursacht oder tatsächlich die Eurozone aus dem deflationären Einbruch holt. Die steigenden Erträge bei den Bundesanleihen könnten ein Zeichen sein, dass das QE Erfolg haben wird, schreibt die FT. Auch die Renditen von US-Anleihen stiegen, als die Fed ihre Geldschwemme gestartet hat. Doch weitere Turbulenzen auf dem Staatsanleihenmarkt könnten die Angst vor einer Verkaufswelle erhöhen.

Bis Anfang der vergangenen Woche hatte der massive Kauf durch die EZB die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen, die sich umgekehrt zu Preisen bewegen, immer näher gegen Null gedrückt. Die Renditen der zweijährigen Anleihen fielen auf unter minus 0,2 Prozent - den Wert, unterhalb dessen die EZB Einkäufe unterbricht. Doch dann kam es beim scheinbar ständigen Rückgang der Renditen zu einen abrupten Stopp. Innerhalb weniger Stunden schwankten die Renditen unverhältnismäßig stark.

Die Rendite der Staatsanleihe setzt sich aus dem aktuellen Kurs und dem Zinskupon einer Anleihe zusammen. Da die EZB solche Papiere derzeit massiv aufkauft, steigen die Kurse weiter, womit die Rendite eigentlich sinken sollte. Der Staatshaushalt profitiert theoretisch von dieser Entwicklung immer dann, wenn der Bund neue Papiere herausgibt.

Der Ausverkauf an den europäischen Anleihemärkten geht derweil weiter: Der wichtige Bund-Future, der auf der zehnjährigen Bundesanleihe basiert, brach binnen zwei Tagen fast drei volle Punkte ein - so viel wie noch nie in seiner Geschichte.

Am Donnerstag fiel der Terminkontrakt um bis zu 124 Ticks auf ein Zwei-Monats-Tief von 156,49 Punkten. Die Rendite der Bundesanleihe mit zehnjähriger Laufzeit stieg spiegelverkehrt auf von 0,28 auf 0,38 Prozent. „Der Blitz-Crash fördert die strukturelle Schwäche des Bondmarktes zutage“, schrieb Commerzbank-Analyst Markus Koch in einem Kommentar. Die Käufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Volumen von monatlich 60 Milliarden Euro trockneten den Markt aus, weil immer weniger Papiere verfügbar seien. Durch diese Verknappung sei der Markt anfällig für Kursausschläge.

Die Ursachen für die jüngsten Turbulenzen sind unklar. Die FT vermutet, dass einige Investoren davon überzeugt waren, dass eine Korrektur der negativen Renditen der Bundesanleihen unvermeidbar sei.

Vor Kurzem haben sowohl JPMorgan-Chef Jamie Dimon als auch die Fed vor einem Flash-Crash am Bonds-Markt gewarnt – also einem Absturz innerhalb von Minuten. Das würde vor allem die Banken treffen, die traditionell einen hohen Anteil an Staatsanleihen halten.

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