Dank des Cassis-de-Dijon-Prinzips können seit 2010 Produkte aus EU-Ländern vereinfacht in den Schweizer Handel gelangen. Seitdem mussten die Produkte nur noch den Vorschriften des EU- bzw. EWR-Landes entsprechen, in dem sie hergestellt wurden. Auch auf Lebensmittel wurde das Prinzip angewendet. Allerdings mit der Auflage, dass Lebensmittel aus anderen EU-Ländern, die nicht den Schweizer Standards entsprechen, sich noch einer Untersuchung durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). unterziehen müssen.
Vor 2010 mussten die Lebensmittel aus EU- bzw. EWR-Ländern den Standards der Schweiz entsprechen oder extra für den „Schweizer Markt produziert, umgepackt oder neu etikettiert werden“, so das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit.
Am Donnerstag entschied der Schweizer Nationalrat nun mit 109 zu 65 Stimmen (8 Enthaltungen), Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip wieder auszunehmen. Sie unterstützten damit die Initiative des Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR). Nun muss der Städterat entscheiden.
Die Argumentation der Gegner der EU-Lebensmittel zieht sich an der scheinbar mangelnden Qualität der Lebensmittel auf. „Das Cassis-de-Dijon-Prinzip schadet einer nachhaltigen Landwirtschaft, auch im Ausland, und untergräbt die gute Qualität unserer Lebensmittel“, sagt der Louis Schelbert von den Grünen. In einer Stellungnahme der Grünen heißt es:
„Wässriger Schinken oder verdünnter Apfelwein können in der Schweiz im Laden angeboten werden, obwohl sie den Schweizer Qualitätsnormen nicht entsprechen. Das Cassis-de-Dijon-Prinzip macht es möglich. (…)Die Latte für Qualitätsstandards sinkt durch das Cassis-de-Dijon-Prinzip auf das unterste Niveau irgendeines EU-EWR-Landes oder das EU-Niveau. Der Preiswettkampf führt dazu, dass hohe Standards erodieren. Dies untergräbt die Qualität von Schweizer Produkten.“
Gegner der Initiative werfen ihr vor, der Agrarlobby nachzugeben. Kathrin Bertschy, im Nationalrat für die glp sagt, mit der Entscheidung sei die Hochpreisinsel Schweiz zementiert worden:
„Dieser protektionistische Entscheid ist gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit dem starken Franken völlig unverantwortlich. Zahlen werden dafür einerseits die Konsumentinnen und Konsumenten über höhere Preise und andererseits die Angestellten im Detailhandel, die wegen dem Einkauftourismus ihre Arbeitsplätze verlieren. Der Vorwand der Qualitätssicherung ist geradezu absurd. Denn Qualität wird durch Wettbewerb ja gerade gefördert."
47 Lebensmittel erhielten bisher die Genehmigung des Amtes. Allein 23 davon stammen aus Deutschland. Dazu gehören beispielsweise „Geriebener Käse“, „Sahne- und Rahmerzeugnisse“, „Waffeldauergebäck“, „Aromatisierte weinhaltige Cocktails“ etc. 36 Gesuche um Bewilligung durch das Amt für Lebensmittelsicherheit wurden bis dato abgelehnt. Weitere potenzielle Lebensmittel für den Schweizer Markt warten noch auf eine Entscheidung.
Neben einem Abbau der bürokratischen Hürden sollte die Anwendung des Cassis-de-Dijon-Prinzips auf Lebensmittel auch zu einem Sinken der hohen Schweizer Preise führen. Der Bundesrat rechnete damals mit einer Ersparnis von zwei Milliarden Franken pro Jahr für die Konsumenten. Ein OK durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit erhalten die EU-Lebensmittel, die nicht den Schweizer Standards entsprechen, wenn: Sie „in keiner Weise gesundheitsgefährdend sind und der Inhalt der angegebenen Produkte-Information entspricht“, so das Amt.