Politik

Gipfel in Elmau: Merkel macht den totalen Kotau vor den USA

Der Gipfel in Elmau beginnt mit einer Reihe von Peinlichkeiten: Angela Merkel wirft sich vor US-Präsident Obama rhetorisch in den Staub. Dieser macht plumpe Späßchen über die eingeborenen Bayern und ihre Lederhosen. Der polnische EU-Präsident droht mit schärferen Sanktionen gegen Russland. Der ganze Spaß wird vom deutschen Steuerzahler mit 360 Millionen Euro finanziert.
07.06.2015 13:15
Lesezeit: 3 min

360 Millionen Euro müssen die deutschen Steuerzahler für den Gipfel in Elmau berappen. Selbst wenn dort sachliche Politik gemacht würde, wäre das zu viel.

Doch der Gipfel beginnt mit einer Reihe von schwer erträglichen Peinlichkeiten: Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte US-Präsident Barack Obama mit dem brutalstmöglichen Kotau. Die USA seien «ein so wesentlicher Partner, dass wir eng kooperieren, weil wir es im gegenseitigen Interesse brauchen, weil wir es wollen und weil wir gemeinsame Werte teilen», sagte Merkel am Sonntag bei der Begrüßung Obamas kurz vor Beginn des G7-Treffens auf Schloss Elmau. Obama sagte: «Heute morgen feiern wir eines der stärksten Bündnisse, das die Welt je gekannt hat

Merkel ließ in ihrer Rede vor dem Rathaus von Krün keinen Zweifel an ihrer Treue zur US-Regierung: «Trotz mancher Meinungsverschiedenheiten, die wir heute haben, ist Amerika, sind die Vereinigten Staaten von Amerika unser Freund, unser Partner

Die ausufernde Spionage durch die US-Geheimdienste oder die Russland-Sanktionen, die der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügen, laufen bei Merkel demnach unter der Rubrik von zu vernachlässigenden «Meinungsverschiedenheiten».

Obama sagte: «Ich bin in Dankbarkeit für die gemeinsame Geschichte hierher gekommen.» Er verwies auf die große Zahl bayerischer Einwanderer in seiner Heimatstadt Chicago. Der US-Präsident war sich nicht zu schade, die dümmlichsten Klischees auszugraben. Die Bemühungen der bayrischen Landesregierung, der Welt ein modernes Bild von Bayern zu vermitteln, scheinen nicht bis zu den Obama-Beratern durchgedrungen zu sein. So hatte der bayrische Finanzminister Söder im September 2014 auf Facebook geschrieben: «Venusgrotte Schloss Linderhof wird für 25 Mio renoviert. Nächstes Jahr ist es Ausflugsziel beim G7 Gipfel in Elmau: Michelle Obama, you're welcome».

Doch das Damenprogramm war aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Das einzige, was Obama zum Gastland daher zum Besten geben konnte, war die Bemerkung, dass er leider seine Lederhose vergessen habe: «Aber ich hoffe, dass ich die Möglichkeit haben werde, eine Lederhose zu kaufen». Im Anschluss setzten Merkel und Obama sich zu einer bayerischen Brotzeit mit Weißwürsten und Weißbier zusammen.

Die Kanzlerin hatte schon vor Tagen gesagt, sie werde mit Obama nicht über die Herausgabe der umstrittenen Suchbegriffe sprechen, die der Bundesnachrichtendienst (BND) der NSA zur Ausforschung von deutschen und europäischen Politikern und Unternehmen zugespielt hatte.

Auf dem Gipfel dürfte es dann erneut gegen Russland gehen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hätte am liebsten eine mögliche Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland. «Wenn jemand eine Diskussion über Änderungen am Sanktionsregime beginnen will, dann wäre das eine Diskussion über eine Verschärfung», sagte er vor Gipfelbeginn. Doch Tusks Meinung ist unerheblich.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, hatte im Vorfeld angekündigt, dass der G7 eine Russland-Linie festlegen werden. Kurz vor dem Gipfel hat Obama Merkel jedoch offenbar erklärt, dass man gegen Russland nun etwas das Tempo rausnehmen wolle. Washington braucht Moskau vor allem im Krieg gegen den Terror

Dagegen werden die Amerikaner die EU drängen, Griechenland mit weiteren Steuer-Milliarden im Euro zu halten. EU-Präsident Jean-Claude Juncker bestätigte, es solle am Mittwoch ein neuerliches Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Brüssel am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels geben. Griechenland steht zwar nicht auf der Gipfel-Tagesordnung, soll aber laut Diplomaten am Rande zur Sprache kommen. Die Amerikaner verlangen den Verbleib Griechenlands im Euro, um die Nato-Südflanke nicht zu gefährden.

Gegen den Gipfel gab es am Sonntag weitere Proteste und kleineren Blockaden. In Garmisch-Partenkirchen blockierte ein Dutzend Aktivisten eine Bundesstraße. Die Polizei beendete die etwa einstündige Blockade und trug einige G7-Gegner weg. Rund 300 Gegner des G7-Gipfels starteten einen Marsch vom Bahnhof in Garmisch-Partenkirchen in Richtung Elmau. Auch aus Mittenwald und Klais setzten sich G7-Gegner in Bewegung.

Mehrere G7-Gegner wurden am Samstag nach Angaben ihres Aktionsbündnisses bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei verletzt. Eine Frau liege auf der Intensivstation eines Krankenhauses, sagte einer der Sprecher von «Stop G7 Elmau».

Der Tagungsort, das Luxushotel Schloss Elmau, ist weiträumig abgesperrt. Mehr als 20.000 Polizisten sind in Südbayern im Einsatz. Die Behörden haben Proteste in direkter Nähe Gipfelorts untersagt. Ein bayrisches Höchstgericht hatte noch am Samstag verfügt, Proteste dürften weder in Hör- und Sichtweite geäußert werden. 

Nach Angaben der Polizei wurden bereits Dutzende Demonstranten festgenommen. Die G7-Gegner gehen zur Gefangenen-Sammelstelle, um gegen die Festnahmen zu protestieren.

Kurz nach 16 Uhr hat sich die Polizei die Demonstration für beendet erklärt und sich bei den Demonstranten für das weitgehend friedliche Verhalten bedankt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Wenn Märkte überhitzen: Droht der Small-Cap-Rally das Aus?
13.07.2025

US-Anleger stürzen sich auf kleine Firmen – ein alarmierendes Zeichen. Warum Euphorie an der Börse oft das Ende markiert und was das...

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...