Politik

Nach Verhaftung: Journalist Mansur beschuldigt deutsche Regierungsmitglieder

Der in Deutschland vorübergehend festgenommen ägyptische Journalist Ahmed Mansur macht die Bundesregierung für seine Festnahme verantwortlich. Das Militär-Regime im Kairo hätte es geschafft, „einige Leute in der deutschen Regierung“ für seine Zwecke zu benutzen.
23.06.2015 16:05
Lesezeit: 1 min

Der arabische Fernsehjournalist Ahmed Mansur hat der Bundesregierung im Zusammenhang mit seiner zeitweiligen Festnahme schwere Vorwürfe gemacht. «Es tut mir leid, dass es ihr (der ägyptischen Regierung) gelungen ist, einige Leute in der deutschen Regierung für ihre Zwecke zu benutzen», sagte Mansur am Dienstag in Berlin. «Ich befürchte, dass es das diktatorische Unterdrücker-Regime von (Präsident Abdel Fattah) Al-Sisi geschafft hat, einen Teil seiner Diktatur, seiner Unterdrückung und seiner Rechtsüberschreitungen nach Deutschland zu exportieren.»

Mansur spekulierte über einen Zusammenhang zwischen seiner Festnahme und dem Berlin-Besuch von al-Sisi vor drei Wochen. Der Präsident war damals unter anderem von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen worden. Der frühere Militärchef ist wegen Menschenrechtsverletzungen und Einschränkungen der Bürgerrechte international umstritten.

Der für den Nachrichtensender Al-Dschasira tätige Mansur war am Samstag wegen eines Auslieferungsersuchens Ägyptens am Berliner Flughafen Tegel festgenommen und zwei Tage später wieder freigelassen worden. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft lehnte eine Auslieferung des 52-Jährigen schließlich ab. Begründet wurde dies nicht nur mit rechtlichen Einwänden, sondern auch mit der Sorge der Bundesregierung vor den politischen und diplomatischen Folgen.

Ägypten sieht die Beziehungen zu Deutschland nicht beeinträchtigt. Der Fall Mansur habe nichts mit Politik zu tun, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben eine starke Beziehung zu Deutschland.» Es gehe ausschließlich um ein Strafverfahren, bei dem die zuständigen Behörden beider Länder zusammenarbeiteten.

Die Ablehnung seiner Auslieferung wertete Mansur als «Botschaft an die ganze Welt, dass es eine Pressefreiheit gibt». Ein Strafgericht in Kairo hatte ihn 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er 2011 an der Folter eines Anwalts beteiligt gewesen sein soll. Wie andere Urteile der ägyptischen Justiz ist auch dieses Verfahren umstritten.

Mansur wies darauf hin, dass er im Februar unbehelligt zu einem einwöchigen Besuch nach Deutschland gereist sei. «Und diesmal haben sie mich nach dem Besuch von Al-Sisi festgehalten.» Allerdings wurde er auch bei seinem jetzigen Besuch erst bei der zweiten Kontrolle festgenommen. Bei seiner Einreise am Flughafen München gab es keine Probleme. Mansur sagte, er wolle zwar jetzt abreisen. Er plane aber, bereits in einigen Wochen nach Deutschland zurückzukehren, um Gespräche mit Politikern zu führen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Unklare Details vor Friedensgesprächen in Istanbul
14.05.2025

Kurz vor dem geplanten Dialog zur Lösung des Ukraine-Kriegs bleibt unklar, in welchem Rahmen die Friedensgespräche in Istanbul...