Politik

Nacht ohne Ergebnis: Tsipras und die Troika verhandeln weiter

Der griechische Premier Tsipras und die Vertreter der Troika haben ihre Verhandlungen in Brüssel beendet, Ein Ergebnis ist noch nicht bekannt. Eine Einigung soll nicht erzielt worden sein. Die Finanzminister werden am Donnerstag weiter beraten.
24.06.2015 23:16
Lesezeit: 2 min

Die Verhandlungen zwischen dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras und den Chefs der Gläubigerinstitutionen über einen Kompromiss im Schuldenstreit sind in der Nacht beendet worden. Über Ergebnisse wurde zunächst nichts bekannt. Nach Darstellung eines Vertreters der griechischen Regierung legten die Gläubiger Vorschläge vor, die griechische Rentner und Lohn-Bezieher auf unfaire Weise belasteten. Auch die Themen Steuer- und Rentenreform waren EU-Vertretern zufolge ungeklärt. Aus griechischen Regierungskreisen hieß es allerdings, die Regierung in Athen stehe zu ihrer Position. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen sollen die Gespräche auf Spitzenebene um 09.00 Uhr fortgesetzt werden

Tsipras hatte seit dem späten Abend mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi und dem Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, verhandelt.

Die Euro-Finanzminister hatten ihre Beratungen zu Griechenland am Mittwochabend nach 90 Minuten unterbrochen. Am Donnerstag (13.00 Uhr) solle es einen neuen Anlauf geben, kündigte der finnische Ressortchef Alexander Stubb in Brüssel an.

«Wir haben die Minister nur über den bisherigen Fortschritt unterrichtet. Leider haben wir noch keine Einigung erzielt, aber wir sind entschlossen, weiterzumachen», sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Der Finne Stubb betonte, die Finanzminister bräuchten eine Vorlage. «Wir werden sehen, ob wir morgen früh einen Vorschlag haben», sagte er. Vor allem sei jetzt wichtig, dass der Verhandlungsprozess weitergehe.

«Wir wollen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt», betonte Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici. «Daran werden wir heute Nacht und morgen arbeiten.»

Die Gespräche von Tsipras mit den Gläubigern sollten am späten Mittwochabend wieder aufgenommen werden, sagten Diplomaten. Der griechische Premier hatte bereits am Nachmittag mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, IWF-Chefin Christine Lagarde, dem Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, sowie Dijsselbloem und dem Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, beraten.

Bei diesen Gesprächen forderte die griechische Regierung laut Diplomaten eine Verlagerung der Schulden auf den ESM - was die Geldgeber ablehnen. Es gebe noch eine Menge ungelöster Probleme.

«Der Stand der Vorbereitung ist nicht so, dass man optimistisch sein kann, dass wir heute ein Ergebnis erzielen», hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon vor dem Treffen der Ressortchefs gewarnt. Üblicherweise muss den Ministern zur Auszahlung von Hilfsgeldern eine verbindliche und umfassende Einigung der Troika mit dem Krisenland vorliegen. Allerdings werden solche Formalien längst nicht mehr genau eingehalten. So hatte es Spanien bei seiner Banken-Rettung geschafft, einen Bailout ohne die Troika zu erhalten. Schäuble wirkt seit Wochen extrem genervt über seine Arbeit. Der Streit mit Angela Merkel dürfte ihm den Rest an Spaß genommen haben.

Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling kritisierte den griechischen Vorstoß für die Schulden-Umschichtung als «den größten Brocken» in den Verhandlungen. «Das ist für viele ein drittes (Hilfs-)Programm durch die Hintertür.» Schelling ist sehr populär bei den Brüsseler Berichterstattern, weil er gerne lockere Sprüche klopf. Allerdings wird gerne vergessen, dass Schelling mit Kärnten wegen der Skandalbank HGAA sein eigenes kleines Griechenland zu betreuen hat, weshalb er sich mit großen Sprüchen in Richtung zahlungsunfähiger Schuldner eigentlich zurückhalten müsste.

Der slowakische Minister Peter Kazimir meinte zugleich: «Ich glaube, dass drei Eurogruppen-Treffen und zwei Gipfel reichen, um eine europäische Lösung für Griechenland zu finden.»

Laut Informationen der griechischen Seite gibt es unter anderem Differenzen bei der Mehrwertsteuer. Die Geldgeber forderten, dass der Satz für Restaurants auf 23 Prozent angehoben werde. Das sei ein großes Problem für das vom Tourismus abhängende Land. Der IWF wolle Kürzungen bei den Renten, aber keine Erhöhung der Unternehmensteuer, wie sie zuletzt die Griechen vorschlugen.

Am 30. Juni läuft das bereits zweimal verlängerte Hilfsprogramm der Europäer für Athen aus. Einer Einigung müssten auch das Parlament in Athen sowie die Parlamente einiger Euro-Länder zustimmen - darunter der Bundestag. Erst bei Zustimmung können die blockierten Hilfen von 7,2 Milliarden Euro freigegeben werden. Allerdings gibt es auch hier keine Regeln: Insbesondere ist der ESM genau für solche Notfälle eingerichtet worden. Eine Umschichtung von Schulden auf den ESM dürfte auch ohne Zustimmung der nationalen Parlamente möglich sein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...