Im Spanien hat Ministerpräsident Mariano Rajoy nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse des griechischen Referendums eine Dringlichkeitssitzung anberaumt. Die Kommission für wirtschaftliche Angelegenheiten soll sich am Montag treffen. Dabei solle das Ergebnis der Volksabstimmung analysiert werden, teilte die konservative Regierung am Sonntagabend in Madrid mit. Die Griechen haben im Referendum den Troika-Kurs nach Auszählung von fast der Hälfte der Stimmen überraschend klar abgelehnt.
Spanien schaut mit besonderer Nervosität nach Griechenland. In den letzten Wochen war deutlich zu erkennen: Die Peripherieländer gelten nach wie vor als Wackelkandidaten, falls es wirklich zu einem Grexit oder, noch schlimmer, zu einem Graccident, also einem ungeordneten Bankrott oder Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone kommt. Denn die Refinanzierungspläne der Euro-Peripherie sind nach wie vor eng gestrickt und ein möglicherweise kollabierender Primärmarkt in der Euro-Zone hätte unkalkulierbare Folgen.
Die neuesten Umfragen zeigen zudem innenpolitisch ein Kopf-an-Kopf-Rennen von drei Parteien: Die Linkspartei Podemos, die sich analog zur Syriza in Griechenland gegen den Sparkurs in Europa richtet, ist mittlerweile mit den beiden Volksparteien fast gleichauf. Wie eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage für die Zeitung El Pais zeigte, liegt die konservative PP von Regierungschef Mariano Rajoy mit 23 Prozent in Führung. Es folgen die oppositionellen Sozialisten mit 22,5 Prozent und Podemos mit 21,5 Prozent.
Damit dürfte eine neue Regierung in Madrid vermutlich aus mindestens drei Parteien bestehen - in einem Land, das kaum Erfahrungen mit Koalitionen hat. In Spanien wird am Jahresende gewählt. Bei den Regionalwahlen im Mai musste die PP starke Verluste verschmerzen.
Der Chef der aufstrebenden spanischen Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, hat den Ausgang des Referendums in Griechenland als Sieg der Demokratie gefeiert. «In Griechenland hat heute die Demokratie gewonnen», schrieb Iglesias am Sonntagabend auf Twitter. Bei der Volksabstimmung über die Spar- und Reformpolitik haben die Griechen die Forderungen der Geldgeber - wie von der linksgerichteten Regierung in Athen verlangt - abgelehnt.
Iglesias präsentiert sich in seinem Profilbild im sozialen Netzwerk Arm in Arm mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Vor dem Referendum hatte der 36-jährige Madrider Politikdozent die Gläubiger als Tyrannen bezeichnet, die den Menschen in Griechenland und auch in Spanien «mit Drohungen Angst einzujagen versuchen».
Bei den Regionalwahlen am 24. Mai hatte Podemos («Wir können») überraschende Erfolge unter anderem in den Metropolen Madrid und Barcelona errungen. Bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres will die linke Bewegung den Traditionsparteien den Sieg streitig machen.
Spaniens Wirtschaft wächst zwar nominell wieder, die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich mit anderen Ländern der Euro-Zone aber noch hoch, besonders stark ist die Jugend betroffen.